Dokumentarfilm
«Erschaffend wurde ich gesund», zitiert der 99jährige Mann den Dichter Heinrich Heine. Damit meint der Flüchtling und Dachau-Befreier Georg Stefan Troller, dass seine ganzen Fernseh-Interviews mit berühmten Personen ihm halfen nach seiner Arbeit im ehemaligen KZ wieder fühlen zu lernen. «Von anderen zu lernen, wie man ein normaler Mensch wird», war der Sinne seiner Fernsehporträts in der deutschen Sendereihe «Personenbeschreibung» – eine Selbstheilung von außen nach innen! Troller hatte einen ganz eigenen Interviewstil, er stellte nämlich nur Fragen, die ihn wirklich interessierten. Wie an Edith Piaf, die die ganze Zeit lachen muss. Im neuen Dokumentarfilm «Auslegung der Wirklichkeit» rückt Regisseurin Ruth Reiser dem ausdrucksstarken humorvollen Journalisten liebevoll auf die Pelle. Sie begleitet ihn in Wien, wo er als Kind lebte, mit eindringlichen Bildern in Dachau und in Paris, wo er jetzt über den Dächern von Paris mit schönen Bildern, die seine Frau malte, wohnt. «Oft wissen wir nichts von unserer Fähigkeit zur Verwandlung», resümiert Troller, der weiß, dass sein Beruf ihm die Fähigkeit zur Selbstrettung gab. «Nur die Form erlöst das Problem», zitiert er Hofmannsthal und küsst seine schnurrende Katze auf den Kopf.
Auslegung der Wirklichkeit – Georg Stefan Troller
Ein Dokumentarfilm von Ruth Reiser
Kinostart in Österreich: 5. November
www.rr-film.at
Foto: Ruth Reiser