Literatur
«So wird es ihm auch gehen, wenn er später einmal, nach Ablauf seines Jahres, ganz draußen ist.» Dann, schwant Arthur, «steht er da wie dieser trockene Busch.» Arthur – oder Mario, wenn es nach seiner Mutter gegangen wäre, ist es aber nicht – ist immer noch sehr jung, als er aus dem Gefängnis entlassen wird. Warum er dort war, fragt sich die Leserin vorerst gar nicht; kann schließlich jedem passieren. In Arthurs Leben steigen wir in Birgit Birnbachers Roman Ich an meiner Seite ein, als er bereits versucht, es zu ändern; es anzupassen, nicht gerade an die Gepflogenheiten, aber an die Erwartungen, die er wiederum von dieser Welt erwartet: «Du hast hier nichts verloren, einen Haftentlassenen brauchen wir hier nicht. Das gilt übrigens für nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens, und privat sowieso.» Nichts verloren oder nichts zu verlieren? Gemeinsam mit Börd, Grazetta und seiner eigenen Stärke versucht Arthur ein Leben, Teil 2.
Bachmann-Preisträgerin Birnbacher erzählt zwischen der Eisenbahnersiedlung in Bischofshofen und der Edelpalliativresidenz in Andalusien, zwischen Flashbacks von Gewalterfahrungen und Purzelbäumen im verlassenen Turnsaal mit unendlicher Eleganz die traurige Heldengeschichte eines ganz normalen Männerlebens.
Birgit Birnbacher:
Ich an meiner Seite
Zsolnay 2020, 270 Seiten
23,70 Euro