Ich hab ja eine gewisse Schwäche für Vernetzung, Kontakt und Kommunikation im Allgemeinen und insbesondere im Grätzel. Eigentlich ist diese Schwäche definitiv auch eine meiner Stärken. Ich lerne gerne neue Menschen kennen, ich hab gern nachbarschaftliche Kontakte. Ich finde es total praktisch, an eine der nachbarschaftlichen Türen im Haus anklopfen zu können, wenn einmal der Kaffee oder die Milch ausgegangen ist. Ich gehöre also nicht zu den 70 Prozent in Wien, die kaum oder gar keinen Kontakt zu ihren Nachbar_innen haben, wie eine Befragung der Uni Wien kürzlich erhob. Weiteres Ergebnis: Jede_r Vierte hätte gern mehr Kontakt.
Als mich mein Arbeitskollege vor einem Monat auf eine neue Online-Plattform aufmerksam machte, die genau die Vernetzung der Nachbarschaften bewerkstelligen will, war ich natürlich neugierig. Die Idee klingt gut. In den USA existiert die Plattform nextdoor schon einige Jahre sehr erfolgreich, in Österreich ist fragnebenan.at die erste ihrer Art. Vernetzt werden Menschen, die im gleichen Haus oder im Umkreis von 500 Metern wohnen mit dem Ziel, bei Bedarf einander auszuhelfen. «Weil Nachbarn mehr können als nachts Lärm machen», wie es auf der Facebook-Seite von «FragNebenan» heißt. Ob eine Online-Plattform tatsächlich dabei helfen kann, «Ältere und Jüngere wieder mehr zusammenzubringen», wie der Gründer es ausdrückt – da regt sich Skepsis bei mir.
Das erinnert mich, die ich mich schon viele Jahre mit Beteiligung beschäftige, an die übersteigerten Erwartungen an Online-Beteiligung. Die Plattformen boomen, versprechen endlich umfassende Beteiligung für alle. Jederzeit abstimmen, Ideen beitragen, Vorschläge kommentieren. Nur die Zahlen derer, die sich tatsächlich online beteiligen, ernüchtern. Die liegen oft bei unter einem Prozent. Noch ist es in Österreich nicht einmal ein Fünftel, das Internet nicht nur als Abrufmedium nutzt, vorwiegend Jüngere, besser Gebildete. Bevor ich meinen Computer einschalte, frag ich mal nebenan meine Nachbarin Maria, ob sie mit mir Kaffee trinken will.