Neues von Frau Gschistibohavitschektun & lassen

Keimfreiheit im Wurstschüsserl

Vielleicht geht es Ihnen auch so: Sie kommen, wenn Sie denn Allesesser_in sind, vom Fleischhauer Ihrer Wahl nach Hause (im besten Fall; sonst vielleicht vom örtlichen Supermarkt mit Feinkosttheke). Wenn Sie Ihre drei Sorten Aufschnitt ausgepackt haben, stehen Sie vor einem Haufen Papierln und Folien. Sind Sie geistesgegenwärtig und sagen: «Stapeln bitte, nicht auflegen!», sparen Sie ein bis zwei Zwischenlagen Folie, aber die machen das Kraut auch nimmer fett.

Die Situation ging mir schon länger auf die Nerven. Dann habe ich mich an meine Jugend erinnert, an den ersten Schwung der Ökobewegung mit Jesuspatschen, Jutetaschen und, genau!, an die damalige Initiative, mit dem eigenen Wurstschüsserl einkaufen zu gehen: «Anfüllen mit Salami und Käsewurst, bitte!» Hab ich mir gedacht, das probier ich im neuen Jahrtausend auch wieder. Waren interessante Erlebnisse, das.

Die Dame beim Fleischhauer verdreht die Augen, sagt aber nix und füllt professionell kommentarlos die Wurst in mein Plastik. Der Herr von der Fleischereikette fuchtelt erst abwehrend mit den Händen, erklärt sich aber dann: Mein Schüsserl darf aus Hygienegründen die Theke nicht überqueren. Er schneidet also die Salami auf sein Papierl und klatscht sie mir genau mittig über der Theke in mein schwebendes Schüsserl.

Entspannt ist der Feinkostverkäufer vom Bio-Supermarkt, der hat offensichtlich Vertrauen zur Keimlage bei der Frau Gschistibohavitschek. Er befüllt das Gschirrl, pickt aber dann die Rechnung auf eine Papiertasse und diese auf meinen Deckel. Wozu dieser Umweg gut sein soll, hat sich mir nicht erschlossen.

Der Besitzerin von meinem Lieblingsbiogeschäft kommen solche Fremdverpackungen sowieso öfter unter. Sie bietet der Form halber an, die einzelnen Sorten durch eine Folie zu trennen, folgt dann aber meinem Argument, dass spätestens beim Essen eh wieder alles zusammenkommt.

Der einzige, der wirklich erfreut ist, mein Schüsserl zu sehen, ist der Fleischhauer am Land, bei dem ich mich, wann immer möglich, mit Wurstwaren eindecke. «Du bist die anzige, de ma so a Schisserl bringt», meint er, und dann philosophieren wir ein bisserl über Wurstpapierln und Plastiksackerln und den Verpackungswahnsinn im Allgemeinen und überhaupt.

Meine Damen und Herren Wurstverkäufer_innen: Ihr werdet mich nicht los. Das könnt ihr als Versprechen nehmen oder als Drohung, wie ihr wollt: Ich werde auch in Zukunft mein Schüsserl mitnehmen und sagen: «Anfüllen, bitte!»

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