Neues von Hans WurstDichter Innenteil

Meine Wohngeschichte (8. Teil)

In den vergangenen beiden Jahren erzählte uns Hans Wurst seine Wohngeschichte in mehreren Teilen, vor allem von den Schwierigkeiten, eine Gemeindewohnung zu bekommen. Diesmal erzählt uns Hans vom Kardinals-Besuch im Wohnheim Siemensstraße, seiner Zeit im Lobmeyr-Hof und wie es ihm im AMS-Kurs, äh in der Maßnahme, erging.

Foto: Lobmeyrhof fotografiert von Mario Lang

Hoher Besuch

Als ich noch im Wohnheim in der Siemensstraße gewohnt habe, kam ein sehr hoher Besuch in die Siemensstraße: Der Herr Kardinal Christoph Schönborn kam mit einer Delegation von der römisch-katholischen Kirche, um sich das Übergangswohnhaus für wohnungslose Männer Siemensstraße anzusehen.

Wir als Bewohner haben es bemerkt, dass ein hoher Besuch kommt, weil ein Aushang an der Infowand in jedem Stock und unten im Aufenthaltsraum an der Tür hing, wo draufstand, dass der Aufenthaltsraum am Tag davor gesperrt sein würde, weil eine sehr wichtige Person ins Haus Siemensstraße auf Besuch kommen würde – wir bitten um Ihr Verständnis.

Dass der Aufenthaltsraum einen Tag zuvor geschlossen war, konnte ich nachvollziehen, da ja dort doch geraucht wird und er wahrscheinlich dann auch am nächsten Tag nicht sauber sein könnte. Wer dieser hohe Besuch ist, wussten wir zu diesen Zeitpunkt nicht, das haben wir erst am nächsten Tag, also an dem Tag, an dem der Herr Schönborn mit seiner Delegation kam, erfahren.

Es bestand die Möglichkeit, sich mit dem Herrn Schönborn im Aufenthaltsraum zusammenzusetzen und zu reden. Als der Herr Schönborn mit seiner Delegation ankam, ging er raus in den Hof und begrüßte dort die Bewohner, die da gerade saßen, per Händedruck. Ich war auch zufällig dabei. Als er zu mir kam und mich begrüßen wollte, machte ich einen Scherz: Ich fragte ihn, ob das Kreuz, das an seinem Hals hing, aus echtem Gold sei und wenn ja, ob er das nicht tauschen möchte gegen meinen Maserati. Ich habe natürlich keinen Maserati. Der Herr Schönborn nahm das eh mit Humor. Dann ging er wieder in das Gebäude rein und anschließend runter in den Aufenthaltsraum, wo dann auch schon zwei weitere Mitbewohner standen, die sich mit Herrn Schönborn unterhalten wollten. Da dachte ich mir: Ich bin zwar kein gläubiger Mensch, aber wann hat man schon einmal die Gelegenheit, mit dem Kardinal Schönborn zu reden.

Also gingen wie alle drei, plus Herr Schönborn und ein Betreuer in den Aufenthaltsraum und setzen uns an einen Couchtisch hin. Das Gespräch mit Herrn Schönborn lief zu Beginn noch ein wenig zu verkrampft, vielleicht konnten wir es noch nicht glauben, dass wir da mit ihm zusammen an einem Tisch sitzen. Der hat sich eher im Hintergrund gehalten.

Ich fragte ihn, warum er zu uns in die Siemensstraße auf Besuch kam. Er antwortete, dass er sich zurzeit viele Einrichtungen im 21. Bezirk ansehen würde – Schulen, Gefängnisse, Obdachlosen-Einrichtungen usw.

Dann versuchte ich ein Zitat aus der Bibel zu sagen, mit einer Frage verbunden, und zwar folgendes: In der Bibel steht doch drinnen, dass man den Armen und Schwachen helfen und teilen soll und wie sich das mit den Plänen der jetzigen Regierung, die wir leider haben, verträgt, wie er das so sieht und ob er nicht diese Regierung in sein Gebet aufnehmen möchte, da ja die ÖVP früher auch viele kirchliche und konservative Werte vertreten hat, ich meine, das tun sie jetzt auch noch, und ob nicht unser Herr Bundeskanzler scheinheilig wäre? Seine Antwort war sehr diplomatisch und für mich persönlich nicht so befriedigend, um es mal so zu sagen. Die anderen beiden Mitbewohner stellten ihm auch Fragen. Mein Fazit von dem Ganzen ist, dass es ein sehr angenehmes Gespräch mit dem Herrn Schönborn war.

Danach gingen wir rauf, wo auch schon seine Delegation auf ihn wartete. Ein Mann aus seiner Delegation erzählte, dass er den Augustin kaufen und lesen würde und dass er die Geschichten eures Hans Wurst auch kennt. Das hat mir sehr geschmeichelt, und ich meinte dann noch zu ihm, ob sie mich anwerben wollen für den Weihwasserexpress, aber nur mit einem Jahresgehalt von 50.000 – also wieder ein Scherz.

Meine Wohngeschichte:

Zwischenstation Lobmeyrhof

Seit Anfang Juli bin ich umgezogen in eine Wohngemeinschaft in den 16. Bezirk im Lobmeyrhof. Der Lobmeyrhof war vor ein paar Jahren einmal kurz besetzt für zirka eine Woche, dann wurde geräumt. Der Hans Wurst war auch damals hier im Lobmeyrhof und schaute sich die Besetzung an. Die Idee damals hinter der Besetzung war, dass der Lobmeyrhof damals schon über Jahre hinweg leer stand und nicht genutzt wurde. Somit dachten sich einige Leute damals: Besetzen wir doch den Lobmeyrhof und machen daraus ein Kultur-Wohnprojekt, was ich persönlich sehr unterstützenswert finde. Darum war ich ja auch dort.

Der Lobmeyrhof damals und heute, das ist ein großer Unterschied – damals runtergekommen und zum Teil baufällig. Nach der Besetzung ist er von einer Genossenschaft aufgekauft und renoviert worden. Jetzt sind dort in dem Gebäude normale Mieter_innen, und auf zwei Stiegen gibt es Wohngemeinschaften, die zu Betreutes Wohnen gehören. Hier lässt sich´s gut leben. Ich habe jetzt 31 qm für mich, zahle zwar mehr Miete als im Wohnheim Siemensstraße, aber ich habe ein WC und eine Dusche in meiner Wohneinheit, und der 16. Bezirk ist auch sehr nett.

kaum bin ich so richtig im 16. angekommen, hatte ich auch schon meine ersten Pflicht-Termine, unter anderem auch beim AMS. Mein Betreuer gab mir gleich fünf Stellen zum Vorstellen. Jetzt gibt es aber einen kleinen Haken an der ganzen Geschichte: So lange ich im Betreuten Wohnen bin, darf ich nicht mehr als 1200 Euro im Monat verdienen, sonst wird´s nix mit einer Gemeindewohnung, und ich kann mich am teuren privaten Wohnungsmarkt umsehen. Nun ist es aber so, da der Hans schon sehr lange erwerbslos ist, will das AMS natürlich, dass der Hans brav lohnarbeiten geht. Bei den fünf vorgeschlagenen Stellen hätte ich die oben genannten 1200 Euro überschritten. Vorstellen muss ich mich gehen, sonst wird mein Bezug eingestellt, und was das für Folgen haben könnte, das brauch ich euch nicht zu erklären, das könnte möglicherweise bedeuten, dass ich für 6 Wochen gesperrt bin, dass ich mir die WG-Miete nicht leisten kann und somit den Wohnplatz verliere, und dazu kommt noch, dass ich dann eine Meldungslücke hätte.

Die Maßnahme

Da ich derzeit keine erwerbsmäßige Arbeit ausübe, bin ich sozusagen zwangsverpflichtet zu einer Maßnahme vom AMS. Und wie es eben so ist, wenn man schon zu etwas gezwungen wird, das man eigentlich überhaupt nicht machen will, aber drauf angewiesen ist, weil ich vom AMS mein Geld beziehe und ich damit meine Miete und meinen Lebensunterhalt finanziere, ist die Motivation sehr gering, aber ich nehme trotzdem an der Maßnahme teil. Ich bin seit Ende August in diesem Kurs. Die ersten vier Wochen waren ein Clearing, wo es darum ging, wer ist man, wo kommt Frau/Mann her – damit ist die Berufs-Branche gemeint und nicht die Herkunft – und in welche Richtung der zukünftige Berufsweg gehen soll.

Ich habe dort am ersten Tag erzählt, wie meine derzeitige Situation ist und wo ich mich beruflich hin entwickeln möchte und warum ich von mir glaube, dass ich dafür geeignet bin. Das neunerhaus hat mit dem FSW (Fonds Soziales Wien) gemeinsam ein Ausbildungs-Konzept im Sozialen Bereich für ehemalige Obdachlose bzw. auch für Menschen, die von der Wohnungsnot aktuell betroffen sind, erstellt. Das Ganze nennt sich Peer-Support und dauert 9 Monate lang, danach hat man vielleicht die Möglichkeit, im sozialen Bereich zu arbeiten. Und genau dafür habe ich mich beworben, um einen Platz in dieser Ausbildung zu bekommen, weil ich mir gedacht habe, wenn schon das System von mir verlangt, dass ich einer von den leistungswilligen Menschen werden soll, dann möchte ich wenigstens etwas Sinnvolles tun.

Die Trainer, die wir bisher hatten, sind sehr nett. Kursteilnehmer_innen gibt es natürlich auch. Sie kommen alle aus verschiedenen Berufs-Branchen und sind unterschiedlicher Herkunft, wobei ja die Herkunft eines Menschen für mich persönlich keine große Rolle spielt. Ich habe großes Glück, dass ich in einer sehr angenehmen Gruppe gelandet bin, ich mag die Menschen dort in meiner Gruppe. Es gibt ein paar, mit denen ich ein wenig mehr anfangen kann. Genauer gesagt – ohne jetzt abwertend gegenüber den anderen wirken zu wollen – sind es drei Menschen aus der Gruppe, die mir persönlich ganz besonders am Herzen liegen.

Ein ehemaliger Bühnenbild-Macher, ein Marokkaner und eine Künstlerin, die als Kulturmanagerin gearbeitet hat. Die Dame liegt mir ganz besonders am Herzen, mit ihr und dem Bühnenbildner möchte ich ein paar Projekte von mir umsetzen, und mit ihnen Projekte zu planen und durchzuführen wünsche ich mir auch in Zukunft.

Euer Hans Wurst

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