Nixtun & lassen

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Zuerst mussten wir alle sparen. Sparen.Sparen.Sparen. Für morgen in erster Linie und für heute in zweiter. Denn damit wir uns das Morgen noch leisten können, müssen wir im Heute bescheidener werden, hieß es. Wir sparen das Jetzt gegen die Zukunft. Sparen hieß Einsparen: Sparpakete und Nulldefizit und Maastricht-Kriterien.

Jetzt sollen wir aber Kaufen. Kaufen.Kaufen.Kaufen. Wir sollen quasi das ausgeben, was wir seit dem Einsparen nicht mehr haben. Angst-Sparen schwächt die Wirtschaft, sagen die, die gerade noch zum Sparen aufriefen. Ganz entrüstet sagt der Herr Chefredakteur und der Herr Finanzminister: Da sparen wir bei Sozialem, Gesundheit und Pensionen ein und die danken das mit Kaufschwäche!

Die Einkommen gehen zurück, die Arbeitslosigkeit steigt, die Armut wächst. Die Gewinne steigen, die Exporte boomen. Die Inlandsnachfrage ist schlecht. Keiner kauft. Weil alle sparen. Sparen.Sparen.Sparen.

Alle sind nicht wir. Und wir sind nicht alle erwerbslos. Oder arm. Oder überschuldet. Wer aber geringes Einkommen hat, kann gar nix sparen, sondern muss alles ausgeben, in erster Linie für Wohnen und Ernährung. Sparbuch gibt’s keines, Kreditwürdigkeit ist null, Minuseinkommen wahrscheinlich.

Wenn der Finanzminister spart, ist er nicht wir alle. Und schon gar nicht arbeitslos oder arm. Denn er spart bei uns für die goldenen Nasen woanders. Der Finanzminister spart zum Beispiel gern bei Arbeitslosen.

Die Zahl der Arbeitslosen steigt seit 4 Jahren Monat für Monat auf immer neue Rekordstände. Gleichzeitig müssen Arbeitslose mit immer weniger Geld das Auslangen finden. Der durchschnittliche Lohnersatz bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ist von 2000 bis 2004 real um 3,6% gesunken. Die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe ist um 4,3% gesunken, die des Arbeitslosengeldes um 2,9%. Und dann sind sie noch so dreist und kaufen nix! Und zur Erinnerung. Bescheidener sollten sie ja werden, die Arbeitslosen, weil sich das in der Zukunft angeblich bezahlt macht.

Besonders NiedriglohnbezieherInnen leiden unter der geringen Lohnersatzrate von 55%. In 9 Ländern der EU-15 bekommen Arbeitslose zumindest 75% des vorangegangenen Nettolohns als Arbeitslosengeld. Nur 2 Länder in der EU-15, Italien und Irland, haben eine schwächere soziale Absicherung für arbeitslose NiedriglohnbezieherInnen als Österreich. Und nur in einem einzigen Land der EU-15 ist die Mindestdauer des Arbeitslosengeldbezugs geringer als in Österreich in Spanien. In allen anderen EU-15 Ländern und in den meisten der neuen Beitrittsländer können Arbeitslose länger Arbeitslosengeld beziehen.

Während die Exporte boomen, 2004: +13%, Jänner und Februar 2005: +11,4%, bremst die inländische Nachfrage – vor allem die schwache Konsumnachfrage der privaten Haushalte – die Konjunktur. Ein wesentlicher Grund dafür ist neben der schwachen Entwicklung der Löhne – die steigende Arbeitslosigkeit und die steigende Angst vor Arbeitslosigkeit, die zu Armut und Konsumzurückhaltung führt. Die Einkommensarmut der Arbeitslosen und die Konsumzurückhaltung der Beschäftigten bremsen die Wirtschaftsentwicklung und sind Teil dieser Negativspirale nach unten.

Martin Schenk

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