Raiffeisen steht dazu: Aufsichtsrat ist Männerrunde
Liebe Leserinnen, heute gibt es schlechte Nachrichten, sollten Sie einen Job in einer Vorstandsetage bei Raiffeisen anstreben: Sie sollten konservativ und vor allem ein Mann sein.
Die Raiffeisengruppe mit ihren zahlreichen Gesellschaften in Österreich und rund um den Globus hat viele Vorstandsmandate zu vergeben. Werden die Inhaber_innen dieser Führungspositionen betrachtet, fällt auf, dass der Augustin hier auf seine sprachliche Innovation, den so genannten Gender Gap, eigentlich verzichten könnte. Fast alle der Menschen in Raiffeisen-Top-Positionen sind männlich. Es gibt auch Frauen bei Raiffeisen: Reinigungspersonal, Sekretariatskräfte, Mitarbeiterinnen mit hohen Qualifikationen, aber niedrigen Löhnen.
Erreicht eine Frau bei Raiffeisen eine Führungsposition auf Vorstandsebene, so ist eines fällig: die Erklärung, dass es schon seine Richtigkeit mit der fast ausschließlich männlichen Kollegenschaft habe. O-Ton Michaela Keplinger-Mitterlehner, Vorstandsdirektorin der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich: «Ich fühle mich in meinem Umfeld ausgesprochen wohl und würde dies nicht als rau bezeichnen. Ganz im Gegenteil, ich wurde schon oft von der positiven Wertschätzung, die mir entgegengebracht wurde, überrascht. Dass man dafür hart arbeiten und auf manches verzichten muss, ist logisch.» Klassisch auch Frau Keplinger-Mitterlehners Position zum Thema Quoten: «Davon halte ich eher wenig. Man sollte die berufliche Entwicklung von Frauen nicht auf ein Quotenargument reduzieren, sondern Rahmenbedingungen schaffen, die möglichst viele Frauen motivieren und unterstützen. Statt einer Quotendiskussion sollten wir eine Wertediskussion führen, denn jede Arbeit von Frauen verdient eine hohe Wertschätzung, egal, ob im Beruf, in der Familie oder im Haushalt.»
Das mit der «Wertschätzung» ist gut, aber offensichtlich nicht so gut, dass Spitzenpositionen mit Frauen besetzt werden.
Aufsichtsratsmandate sind in der österreichischen Wirtschaftswelt auch eine Sache von Prestige und gern gezeigter Macht. Je mehr, desto besser. Ein Blick auf die Aufsichtsräte der wichtigsten Raiffeisen Kapitalgesellschaften beantwortet die Frage, wie in diesen Gremien der Frauenanteil dem des wirklichen Lebens entspricht.
Beispiel RZB. Das Unternehmen hat elf Aufsichtsratsmandate (ohne die vom Betriebsrat entsandten Mitglieder des Aufsichtsrates), und richtig geraten alle elf sind stolz auf ihre Männlichkeit. Der Vollständigkeit halber, auch der dreiköpfige Vorstand ist ausschließlich männlich besetzt. Oder die Raiffeisenlandesbank Wien NÖ: Zwölf Aufsichtsratsmandate, davon zwei mit Frauen besetzt! (Was ist da los?!) Der fünfköpfige Vorstand ist jedoch eine reine Männergesellschaft.
Auch im Westen wird Wert auf genaue Geschlechtertrennung gelegt: Männer sind die Chefs. Ein dreiköpfiger männlicher Vorstand leitet die Geschicke der RLB-Tirol, elf Mandate des Aufsichtsrats (von Unternehmensseite) sind männlich besetzt, zwei Mitarbeiterinnen wurden vom Betriebsrat in das Gremium entsandt.
Die drei dargestellten Raiffeisengesellschaften sind exemplarisch für die gesamte Gruppe.
Die Männerdominanz bei Raiffeisen ist stärker ausgeprägt als beim Rest der österreichischen Wirtschaft. Die AK begutachtete im Jahr 2010 die Führungspositionen in Österreichs Top 200 Firmen: 4,4 Prozent der Geschäftsführer-Positionen waren weiblich besetzt. Nicht dass dieser bescheidene Wert auch bei Raiffeisen anzustreben wäre, aber dort liegt er noch weit darunter. Detto bei den Aufsichtsratsmandaten. Von Kapitalvertreterseite sind in Österreich im Durchschnitt 7,5 Prozent der Mandate mit Frauen besetzt, bei Raiffeisen sorgt man dafür, dass eine Null vor dem Komma steht.