Obdachlos in Wien mit HundDichter Innenteil

Ich habe wegen eines Todesfalls in der Familie den Hund übernommen, da ich der Einzige bin, der von ihm akzeptiert wird. Seit einem Jahr lebe ich mehr oder weniger ständig auf der Straße, da es in Wien ein Riesenproblem ist, ein Zimmer zu bekommen, wenn man ein Tier besitzt. In ganz Wien gibt es nur eine öffentliche Einrichtung, wo man mit Hund übernachten kann. Leider kommen wir (der Hund und ich) dort nicht so gut zurecht, und wir müssen uns anders orientieren.Eine Zeit lang lebte ich in einem Zelt auf der Donauinsel, jetzt am Wienerberg. Inzwischen war ich auf einem Campingplatz, wo alles wunderbar lief, es gibt ein gutes Klima unter den Leuten dort. Das kostet allerdings im Monat 360 Euro. Die letzten paar Tage hat mir die Verwalterin, sie ist eine echt nette Frau, sogar erlassen. Leider hat der Campingplatz ab 8. Dezember geschlossen, da ist Winterpause.

Auf der Donauinsel gibt es von allen Richtungen nur Probleme. Das Zelt zuzusperren hat keinen Sinn, denn dann wird es gewaltsam mit dem Messer geöffnet. Obwohl ich obdachlos bin und fast nichts besitze, werden mir immer wieder meine wenigen Habseligkeiten gestohlen. Mir wurden in letzter Zeit zwei Gitarren, die ich am Flohmarkt für 30 Euro gekauft hatte, meine Kleidung, mein Schlafsack und Medikamente sowie Toiletteartikel (Kamm, Bürste, Spezialshampoo und Zeckenschutzmittel für den Hund) gestohlen.

Was sind das für Leute, die einem in so einer Situation so etwas antun? Was soll ich jetzt machen? Öffentliche Einrichtungen fallen definitiv aus und von der Donauinsel werde ich vertrieben. Ein Hotelzimmer, das ich mir ab und zu leiste, wenn ich die Mindestsicherung ausbezahlt bekomme, kostet mich 55 Euro pro Nacht. Lange kann ich mir das nicht leisten.

Ich könnte auch ein Haus besetzen, aber das möchte ich nicht, weil ich für meine Obdachlosigkeit auch selber ein bisschen die Schuld habe. Ich sehe mich als Aussteiger, der nur sein Leben ohne ir(r)gendwelche nicht erfüllbare Auflagen leben will und der niemandem Schaden antut. Es wäre ja nichts dabei, wenn das Campieren auf der Donauinsel generell legalisiert würde.

Welche Möglichkeiten habe ich jetzt noch? Mein Hund spürt die missliche Lage natürlich auch und ist ständig von Bandwürmern, Schlaflosigkeit und ähnlichen Erscheinungen geplagt. Ich möchte ihn natürlich nicht verlieren. Als ich ihn genommen habe, bin ich ja eine Verpflichtung eingegangen, und ich werde ihn sicher nicht im Stich lassen. Außerdem haben wir eine echt gute Beziehung, die beiden guttut. Also werde ich wieder einen Hausbesitzer finden müssen, der mir hilft und mit dessen Einverständnis ich wohnen kann. Mehr Möglichkeiten sehe ich derzeit nicht – «Wien ist anders»!

Text und Foto: L. W.

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