Österreicher_innen im Ausland: 50 Prozent arbeitslostun & lassen

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150 Millionen Euro Familienbeilhilfe beziehen rechtmäßig Arbeitnehmer_innen in Österreich, deren Kinder aber in Rumänien oder Bulgarien leben. Ob man diese Sozialleistungen dem Lebensstandard des jeweiligen EU-Landes anpasst, streicht oder belässt, kann man diskutieren – aber immer nur sinnvoll im Kontext und im Blick auf alle Faktoren:

1. Wenn man die 150 Mio. Euro Familienbeihilfe, die an Kinder im Ausland gehen, ins Treffen führt, muss man fairerweise auch die Kosten gegenrechnen, die diese Kinder verursacht hätten, wären sie in Österreich: der Kindergartenbesuch, die Schulkosten, Deutschkurse und Integrationsmaßnahmen. Für eine_n Schüler_in investiert der Staat im Jahr 7000 Euro. Und wenn man ökonomisch argumentiert, dann muss man seriöserweise das gesamte Bild abrufen. Migrant_innen gehören bei den Sozialleistungen zu den Nettozahler_innen. Nicht-österreichische Staatsbürger_innen zahlten demnach 10,7 Prozent der Beiträge in Pensions-, Kranken-, Unfall-, Arbeitslosenversicherung und den Famiienlastenausgleichsfonds ein, erhielten aber lediglich 6,2 Prozent der Leistungen. Das trifft gerade auch auf die Familienbeihilfe zu: Nicht-österreichische Staatsbürger_innen beziehen unterdurchschnittlich häufig Familienbeihilfe. Dies entspricht 10,0 Prozent des Gesamtbezuges und liegt somit unter dem Ausländer_innen-Anteil an der Gesamtbevölkerung (11,0 Prozent). Das hat mit der – nach sozialer Herkunft unterschiedlichen – Länge der Schul- und Ausbildungszeiten zu tun. Berücksichtigt man nicht nur Transferzahlungen und Sozialversicherungsbeiträge, sondern auch alle anderen Steuern, so brachte jeder Zuwandererhaushalt der Staatskasse 2400 Euro pro Jahr. Bei gemischten Haushalten lag der Nettoeffekt sogar bei 6400 Euro.

2. Auslandsösterreicher_innen sind stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Insgesamt 264.000 österreichische Staatsbürger_innen leben im EU-Ausland sowie in den EFTA-Ländern, 164.000 in Deutschland, 38.000 in Schweiz, 17.000 in UK. Auslandsösterreicher_innen erleiden in Krisenländern allerdings ein klassisches Migrant_innenschicksal und verlieren Jobs früher als Einheimische: In Spanien, Irland und Griechenland ist der Anteil der Erwerbslosen unter den Auswanderern höher als im EU-Schnitt oder in Österreich. In Ungarn, Griechenland und Belgien ist mehr als die Hälfte der dort lebenden Österreicher_innen arbeitslos.

3. Minister Sebastian Kurz argumentierte die Familienbeihilfe-Streichung damit, dass er kein soziales Europa wolle und dafür mit Großbritannien gemeinsame Sache machen wird. Der Schulterschluss mit Großbritannien ist aber nicht unproblematisch, weil einseitig und ein Signal für mehr soziale Spaltung in Europa. UK hat sich gegen die sozialen Teile des Lissabon-Vertrags gewehrt, das Armutsreduzierungsziel der EU torpediert, Finanzregulierungen verhindert, die Kommerzialisierung sozialer Dienste wie Pflege oder Bildung vorangetrieben und nicht an der Reduzierung der sozialen Ungleichheit in Europa mitgearbeitet, die mit ein Grund für die europäische Binnenmigration ist.

Die Zukunft Europas wird sozial sein oder sie wird nicht mehr sein

Die Zukunft Europas wird sozial sein oder sie wird nicht mehr sein. Wer sozialer Polarisierung mit all ihren negativen Folgen für die ganze Gesellschaft gegensteuern will, muss nicht nur für die Stabilisierung des Finanz- und Bankensektors eintreten, sondern auch für die Stabilisierung des sozialen Ausgleichs. Die Schritte dorthin hat Großbritannien bisher immer verhindert, jetzt auch gemeinsam mit Österreich? Kleingeist führt da jedenfalls nicht weiter. Das ist kurzsichtig. Wir müssen das im größeren Zusammenhang gestalten.

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