Musikarbeiter unterwegs … Ottenschlag, Oklahoma, Porgy
Seit 2014 machen Wanjo Banjo Musik, als wäre das Waldviertel ein Teil der Idee Amerika. Im November erscheint ihr zweites Album. Von Rainer Krispel (Text) und Mario Lang (Foto).
Nein, niemand hat zum jüngeren Max (Mayerhofer, außer dem gleich genannt werdenden Instrument spielt er bei Wanjo Banjo Dobro und singt) gesagt, als er den Wunsch äußerte, ein Instrument zu spielen, «wenn schon, dann Banjo!» Ohne solche Vorgeschichte steht er mit seinen Bandkollegen Wolfgang Schöbitz (Stimme, Kontrabass, Gitarre) und Florian Weiß (Stimme, Gitarre, Mandoline) Anfang September (natürlich mit Banjo!) auf der Bühne des Porgy & Bess und checkt Sound. Dieser ist schon bald sehr super, während sie sich durch Stücke des ersten, selbstbetitelten, Albums, 2017 erschienen, spielen und neue Lieder hören lassen, die noch heuer auf der zweiten CD veröffentlicht werden. Später am Abend spielen sie im Rahmen von Mund.Art.Wien, einer Friedl-Preisl‘schen Kulturkreation mit dem Dialekt in der Musik im Blick, die ob des spätsommerlichen Termins überschaubaren Publikumszuspruch erfährt, zu stark noch die Versuchung, sich anderswo im Freien zu verlustieren.
Weida.
Was Wanjo Banjo nicht hindert, ein großartiges Konzert zu geben. Mit drei Liederschreibern, die jeweils das eigene Material singen, ist für Abwechslung gesorgt und der Ansatz, via Hillbilly und Blues der Frage nachzuspüren, ob es einen Konnex «zwischen Ottenschlag und Oklahoma» gibt, trägt sehr weit und füllt nicht nur die knapp 50 Minuten dieses Gigs aufs Wunderbarste aus. Davor, backstage, im Porgy eigentlich under- oder downstage, lässt das Trio seine Geschichte Revue passieren. Während sich das Minidrama, ob als Flüssignahrung für die Musiker_innen nur mit Kräuterlimonade gepanschtes Bier (solch Getränk, vulgo Radler, zu verkaufen ist noch eine der geringeren Schwachsinnigkeiten des Kapitalismus!) zur Verfügung steht, in Wohlgefallen – es gibt richtiges Bier! – auflöst, sind wir schon im Mai 2014. Max und Florian spielten mit Alex Miksch, Wolfgang und Max bei Sparkledrive, Max gab den Anstoß, im Trio etwas Eigenes zu machen. In die entsprechende Kultur eingetaucht kam von ihm der Impuls, Hillbilly, Blues und Country mit Dialektexten im passenden Geist zu spielen, nachdem der Versuch, Englisch zu schreiben, «katastrophal» ausging, wie er selbst sagt. Das funktioniert(e) hervorragend, wie der Autor einmal ganz unmittelbar im Little Stage erleben durfte, ohne Bühne, mitten in den Menschen, so wie ihre Lieder mitten im Leben stehen und unverstellt aus diesem schöpfen. Anfangs waren ein Großteil des Materials Adaptionen von Traditionals und Covers, doch schon auf dem 2016 mit David Müller (Strottern) in dessen Studio eingespielten Debüt fanden sich neben Gilian Welch (hurra!) und Kristian Matsson (der Schwede ist als The Tallest Man On Earth bekannt) alle drei Wanjo Banjos als Liederautoren in den Credits des bei Walther Soykas non food factory herausgebrachten Werks.
Wia wean nu schaun. Für das zweite Album, beim Interview noch ohne Titel, haben sie wieder mit David aufgenommen, dessen Arbeitsweise voll und ganz mit dem korrespondiert, wie Wanjo Banjo ihre Musik verstehen und hören – Liveaufnahmen, die ungekünstelte Kraft und der Charme der gemeinsamen Performance stehen im Vordergrund. Nur zwei Overdubs brauchte ihr Zusammenspiel. Soykas non food factory steht wahrscheinlich wieder als Label am Artwork, anders als beim Debüt wird sich diesmal nur ein interpretierter Bluegrass-Standard auf dem Album befinden, sonst nur Originale. Wolfgang, der das Schreiben im Dialekt immer noch ein wenig schwierig findet, steuert Da Bua, eine abseitige Mörderballade über einen Kinderverzahrer bei (Max wirft assoziativ die Louvin Brothers ein) und Doc Pomus, zu Herzen gehende Hommage an den großen Songwriter (der mit Partner Mort Shuman Teenager In Love, Save The Last Dance For Me und viele andere geschrieben hat), von Max stammen unter anderem Ois Guad («Waun de Schdana am Ogga/Ausdreim im Meaz/Und dea in deina Brusd drin/Wiad za an Heaz/Waun des ois, waun des ois/Waun des ois nix mea zöd/Daun wiad vielleichd/Ollas guad») oder das nicht nur mit einem schönen Titel gesegnete Neumond In Da Sö. Florian, der sich von Folk und Dylan beeinflusst sieht, versteht seine Lieder als subtile Auseinandersetzung mit dem (politischen) Zeitgeist, im Bewusstsein der Gratwanderung, die solches Texten sein kann oder muss. Es Geht Uns Guad oder Es Weads Nu Schaun sind dabei mehr als gelungen: «Mia wean nu schaun sogn de Öster zu de Reichan/Mia wean nu schaun sogt da Deckl zum Topf/Mia wean nu schaun sogn de Gleichn zu de Gleichan/Mia wean nu schaun sogt des Brettl zum Kopf.» Dass dabei das musikalische Gewand – einen seiner Songs hörte Wolfgang ursprünglich als «Afro-Pop» – weiter geworden ist, ohne dass Wanjo Banjo ihren Charakter verlieren, macht dieses Album zu einem wahren Herbst-Highlight.
Wanjo Banjo: Titel wird erst bekannt gegeben
Albumpräsentation, 3.November, Spektakel
wanjobanjo.at