«Es muss was geben» (DVD)
Inspiriert von Andreas Kumps (Shy) Linz-Musik-Doku-Buch «Es muss was geben» haben Oliver Stangl und Christian Tod dieses Film-Monster zusammenmontiert: Aus Originalaufnahmen und Interviews mit den Protagonist_innen von damals.
Es erzählt vom musikalischen Aufbegehren einer Stadt. Linz war eine graue Stadt in den 80er Jahren, aber durch eine neue, junge Szene begann es zu strahlen. Angefangen hat alles mit der Power-Pop-Band Willi Warma, mit der die Szene explodierte. Ihr Sänger Kurt Holzinger, «der beste Frontmann des Landes, der hatte diese soziale Intelligenz. Er konnte sein Hirn ausschalten wenn er auf die Bühne ging, war aber trotzdem nie ganz deppert», erinnert sich Rainer Krispel.
Der Film lebt von und mit seinen Erzähler_innen. Allen voran Thomas «Baua» Hauer, Punk, Fan und Plattensammler. Er brachte den Pogotanz nach Linz und seine Wortspenden über die wilden Zeiten der Stahlstadt zählen zu den absoluten Schmankerln dieser Doku.
Diese Linz-Doku erzählt von teils nicht mehr existierenden Kultstätten wie dem Café Landgraf, wo unter der Woche Schach gespielt und am Samstag bei den Konzerten die Sau rausgelassen wurde. Oder dem E-Schmid. «Bei der Eröffnung hatte ich meinen ersten großen Rausch, Alkohol, Drogen, alles dabei. Ab dem Zeitpunkt waren wir E-Schmid-Punks», erinnert sich Thomas «Baua» Hauer, «laut, gewalttätig, destruktiv scheiße pfuh»! Einige heilige Orte existieren heute immer noch und sind inzwischen mehr oder weniger etabliert. Wie die Stadtwerkstadt, wo die Einstürzenden Neubauten ihr erstes Konzert außerhalb Berlins spielten, oder die Kapu, die sich von einem SJ-Jugendzentrum in das Hardcore-Mekka verwandelte.
Man erfährt, wieso aus Rainer Krispel (Augustin-Musikarbeiter) ein Sänger wurde «es kam heraus, dass ich nicht einmal für Punk genug Gitarre spielen konnte» oder warum Harald «Huckey» Renner (Texta) vom Hardcore-Schlagzeuger zum Rapper mutierte.
Die Faszination der Stahlstadt zu dieser Zeit, samt ihrer vielen verschiedenen Szenen (Hardcore, Landler-Punk, HipHop) und Bands (Attwenger, Fuckhead, Texta, Target Of Demand, Willi Warma …), wo es aber immer auch Berührungspunkte gab, bringt Markus Binder (Attwenger) auf den Punkt: «Linz der 80er war wie ein Fernsehapparat, wo du ständig auf einen weiteren Kanal schalten konntest, und da lief ständig ein Programm. Für so eine kleine Stadt faszinierend.»
Die intelligenteste und beste Filmdoku über die heimische Musik-Szene, die es in diesem Land je gedreht wurde. Schicken wir Do&Ro in die Wüste es muss was ANDERES geben! Ein Must-Have für jede_n Musikliebhaber_in. Und im Übrigen schließe ich mich Thomas «Baua» Hauer an und sage nur: «Pfuh!»