Parabel vom guten TodArtistin

Andreas Dresens Film über das Sterben eines Durchschnittsbürgers

Aus vergangenen Jahrhunderten ist ein Büchlein mit dem Titel «Ars moriendi», zu Deutsch «Kunst des Sterbens», überliefert, mit Hilfe dessen sich die Leser_innen auf einen guten Tod vorbereiten sollten. Selbstverständlich war nach damaligen (also christlichen) Verständnis, Voraussetzung des friedvollen Ablebens, dem Bösen widerstanden zu haben und mit den entsprechenden Sakramenten versehen worden zu sein.

Heute dürften diese Punkte, zumindest in der westlichen Welt, nur mehr Wenigen Hilfe für ein getrostes Sterben bieten. Andreas Dresens Film «Halt auf freier Strecke» zeigt die letzten Lebensmonate eines Todkranken, der zuhause im Kreis seiner Familie seinen persönlichen «guten Tod» findet. Zwar ist der Film keineswegs eine lehrhafte Anweisung über den bestmöglichen Umgang mit Sterbenden, doch verweigert sich die Handlung bis zu einem gewissen Grad den (kino-)üblichen Regeln des Erzählens und so erscheint der Film auch als Parabel über das gute Sterben.

Die Geschichte läuft streng chronologisch ab. Von Beginn an, wo das Ehepaar Lange die Diagnose «bösartiger Gehirntumor» erfährt, ist klar, dass Frank Lange (Milan Peschel) sterben wird. Von nun an begleiten die Zuseher_innen ihn mit seiner Familie über alle Stationen des körperlichen und geistigen Verfalls bis zum Ende. Einige Male erscheint der Film fast überfrachtet mit Darstellungen typischer Symptome wie zeitlicher und räumlicher Orientierungslosigkeit oder unmotivierter Aggression. Anrührende Gefühlsduselei bleibt in der intensiven, aber kargen Inszenierung jedoch ausgespart. Verfremdungsstrategien wie der Auftritt des Tumors als (von Frank imaginierte) Person oder Selbstaufnahmen des Kranken durch ein iPhone ermöglichen ein nahe gehendes Porträt eines Menschen in der größt denkbaren Extremsituation, ohne in die Gefilde voyeuristischer Doku-Soap-Ästhetik zu gelangen.


Ab 24. Februar im Kino