Poesie des WiderstandsArtistin

Kunst und Aktivismus

Künstler, Aktivist und Filmemacher Oliver Ressler zeigt Arbeiten zu Klimawandel, Wirtschaft und Widerstand. Christian Egger hat sich die Ausstellung «How to occupy a Shipwreck» im Kunst Haus Wien angeschaut.

Die Website des Kunst Haus Wien – Museum Hundertwasser – führt Oliver Ressler unter dem Stichwort Ökologie: «Die Natur ist die höchste Wirklichkeit, die Quelle der universellen Harmonie: Die große Achtung, die er ihr entgegenbringt, hat sehr bald in ihm den Wunsch wachgerufen, sie vor den Überfällen des Menschen und den Schäden durch die Industrie zu bewahren.» Ein vielleicht geeigneter Anknüpfungspunkt für die langjährige Praxis des österreichischen Künstlers und Aktivisten Oliver Ressler und seiner aktuellen Ausstellung, die sich unter anderem aus vier Filmen aus seiner 2015 begonnenen Serie «Everything’s coming together while everything’s falling apart» in der Garage des Museums zusammensetzt.

Ende Gelände.

Jeder Film zeigt und dokumentiert Formen des Widerstands, des zivilen Ungehorsams und unterschiedlicher Aktionen gegen den umweltzerstörenden Raubbau einer fossilen Wirtschaft: «Ende Gelände» etwa, eine Blockade eines Tagebaus in Lausitz bei Berlin. «COP 21» – da geht es um Proteste gegen die über Jahre kontinuierlich ergebnisarmen UN-Klimakonferenzen in Paris und «Code Rood» ist eine weitere Blockade im zweitgrößten Kohlehafen Europas in Amsterdam.

Die Filme zeigen die Aktivist_innen, diese «Klimarächer_innen» bei ihren wagemutigen Unternehmungen, geben Einblick über Abläufe in der Organisation gegen die zum Teil bedrohlich großen und mit enormem Sicherheitsaufwand geschützten Ziele, geben atmosphärisch die motivierenden Gesänge und mit Rhythmussektionen unterstützten Vorbereitungen und Blockaden selbst wieder. Die Wirkkraft der Bilder wird durch die in Zusammenarbeit mit dem Theoretiker Matthew Hyland entwickelte präzise Narration und Textebene (Englisch mit deutschen Untertiteln) verstärkt – eine eigene, über das rein Dokumentarische hinausreichende Qualität entsteht.

Die vierte der filmischen Arbeiten, «The ZAD», unterscheidet sich durch längere Laufzeit und beschreibt die Geschehnisse in einem anlässlich eines geplanten Flughafenbaus in der Nähe des französischen Nantes entstandenen, besetzten Gebiets. Aktivist_innen erzählen selbst zur Lage und zur bewegten Geschichte des Projektes ZAD, eine Abkürzung für «zone á defendre»(zu verteidigende Zone) und berichten von ihrem Alltag und Leben. Nach dem dort über Jahre von breiten Teilen der Bevölkerung vehement praktizierten Widerstand, verkündete Präsident Macron unlängst die Abkehr vom Bau. Dies bedeutet nun aber wiederum ­leichtere Handhabe in der Räumung dieses selbstverwalteten und größten autonomen Gebiets Europas und der sich darin befindenden Infrastruktur – von Bäckereien bis Bibliotheken – und ihrer Bewohner_innen.

Auf- und ausbrechen.

Auch das scheint ein Merkmal der Serie «Everything’s coming together while everything’s falling apart» zu sein: dass es sich bei den Filmen eben um einzelne Bestandsaufnahmen in einem fortwährenden aktivistischen und kollektiven Kampf um Zeit und Klimaschutz handelt, in dem sich Austragungsorte und Ausgangslagen ändern, Erfolge und Rückschläge abwechseln können. Neben den filmischen Arbeiten befinden sich im Ausstellungsraum im Kunsthaus vier unterschiedlich gekleidete, auch ohne Betrachtung der Filme leicht als Repräsentant_innen des Klimaschutzaktivismus zu identifizierende Puppen und eine Texttafel, die um das englische Wort «break» ein Mantra generiert: «Break the black pump platform / Break Perimeter Fences, Police Lines (…)» – auf gut Deutsch: Auf- und Ausbrechen!

In Zeiten von mächtigen Umweltterrorist_innen vom Schlage eines Donald Trump, eines Parlaments ohne Grünen und Ähnlichen, muss die Dringlichkeit der von Ressler behandelten Themengebiete und künstlerischen Analysen nicht extra hervorgekehrt werden. Zu wissen und zu sehen, wie Formen des Widerstands sich organisieren und dadurch wieder Handlungsräume entstehen, ist lehrreich und wichtig; Ausstellungen wie «How to occupy a Shipwreck» gelingt es aber neben Momenten der aktivistischen Ermächtigung zudem verdienstreich an einer Poesie und Ästhetik des Widerstands zu arbeiten und festzuhalten.

Oliver Ressler: How to occupy a Shipwreck

Bis 2. April, Kunst Haus Wien

3., Untere Weißgerberstraße 13

www.kunsthauswien.com