Poesie & MusikalitätArtistin

Literatur

«Die Tochter ist – auch – vom Vater geprägt. Sprache und Lebensweise werden halt nicht mit der Post ins Haus geschickt, sondern haben Wurzeln […] Den schreibenden Vater nimmt sie als Ansporn. Nicht um besser zu schreiben, nicht um anders zu schreiben, sondern um weiterzuschreiben.» So wird Eugenie Kain (1960–2010) in der ihr zum 10. Todestag ge­widmeten Sonderausgabe der oö. Literaturzeitschrift Die Rampe zitiert, worin sie auf ihren Vater Franz Kain Bezug nimmt – kommunistischer Widerstandskämpfer, KPÖ-Gemeinderat, Volksstimme- bzw. Neue-Zeit-Journalist und Schriftsteller (u. a. Der Weg zum Ödensee und Auf dem Taubenmarkt). Die Jenny, wie sie genannt wurde, folgte seinen Spuren beharrlich auf ihrem literarischen Weg – unbeirrt von den kommerziellen, antikommunistischen und patriarchalen Zudringlichkeiten des Literaturbetriebs.
«Große Erzählkunst» attestierte ihr einmal Franz Fend angesichts ihrer Flüsterlieder. Sie meistere darin «das ambivalente Verhältnis von Nähe und Fremdheit, von Trauer und dem Gewinn, mit dem Gefährten gelebt zu haben. Mit einer klaren, nüchternen Sprache entwickelt Eugenie Kain eine feine Poesie und eine starke Musikalität, welche die gesamte Erzählung von der ersten bis zur letzten Zeile, oder vielleicht vom ersten bis zum letzten Takt tragen.» Ihre Flüsterlieder schrieb Kain nach dem Ableben ihres Mannes, des Blues­musikers und Liedermachers Gust Maly. Andere ihrer Bücher tragen die Titel Atemnot, Schneckenkönig und Hohe Wasser.
Unter dem schönen Titel Beim Schreiben werde ich mir fremd ist ihr – noch bis zum 27. Mai – eine Ausstellung im Linzer StifterHaus gewidmet, im Zuge dessen wurde diese Sonderedition der vom Land OÖ. publizierten Personale ediert. Darin finden sich eigene Texte sowie, neben etlichen anderen, solche ihrer Mutter Margit und ihrer Tochter Katharina Kain. Thematisiert werden wichtige Motive in ihrer Erzählkunst: Linz, die Donau, das Reisen, die Arbeitswelt, die Marginalisierten. Neben ihrem Schreiben, auch für diverse Subkulturzeitschriften, engagierte sich Eugenie Kain immer auch in der Sozialarbeit – und war Mitbegründerin der Linzer Augustin-Kollegin Kupfermuckn.

Die Rampe – Hefte für Literatur 3/20
Porträt Eugenie Kain
Hg.: Nicole Streitler-Kastberger
184 Seiten, 14,90 Euro