Polarisieren ist meine Spezialitättun & lassen

Augustinerin Grace

Ich bin mit dieser Zeitung seit der Gründung verbunden, habe hier Unterstützung gefunden und gegeben und schreibe seit ­jeher regelmäßig für den Augustin. Ich bin Künstlerin, Humanistin, Aktivistin und Existenzialistin. Egal auf welche Art – ­Schreiben, Theater, Stand-up-Comedy, Malerei oder ­Gesang –, Polarisieren ist meine Spezialität. Ich kann schwarz-weiße Geschichten nicht ausstehen. Gut oder böse? Befürworter:innen oder Gegner:innen? Soll das alles sein, wo bleiben die dritte und die vierte Variante? In der Kolumne «Speakers’ Corner» (auf Seite 13, Anm.) versuche ich diese aufzuzeigen.
Ich bin 1967 in Bratislava, in der ­damaligen Tschechoslowakei geboren. 1981, im ­Alter von 14 Jahren, übersiedelte ich mit meinen ­Eltern nach Wien. Ich bin eine Migrantin Kreiskys, habe die Aufschwungzeit und Offenheit der damaligen Zeit noch gespürt. Damals, es war ganz anders als heute. Ich habe meine Nostrifikation (Anerkennung von [Schul-]Ausbildungen, Anm.) innerhalb eines Jahres bekommen. ­Heute warten Migrant:innen viel länger darauf.
Ich bin erst hier draufgekommen, dass ich Schwarz bin. Als ich ein ­Klassenfoto aus meiner Kindheit meinen Schulfreund:innen ­zeigte und sie aufforderte «Sucht mich!», haben sie Lachkrämpfe gekriegt. Sie lachten, weil es eindeutig war: Ich war das einzige ­Schwarze Kind. Mir war es bis dahin nicht aufgefallen.
Als sich 1992 die ­Aufenthaltsbestimmungen in Österreich änderten, wurde mein ­Visum nicht mehr verlängert und ich war sieben ­Jahre illegalisiert in Österreich. Ich ließ mich aber nicht unterkriegen. Meine Mutter hat mich sehr selbstbewusst erzogen, ohne Komplexe. Ich weiß, wer Angela Davis ist, und bin vom Typ wie Donna Summer. Also welche Komplexe soll ich haben?! So begann ich Anti­rassismus-Workshops abzuhalten. 2002 habe ich den ersten Literaturpreis für Autor:innen, die aus einer anderen Sprache und Kultur kommen und in deutscher Sprache schreiben, der ­edition exil erhalten. Über 20 Jahre lang habe ich in der Unterstützung und Begleitung von Migrant:innen gearbeitet.
Auf meine letzte Kunstperformance ­Weiße Scheiße folgt demnächst Weißes Arschloch. Denn egal was du in deinem Leben tust, egal welchen Weg du gehst, immer musst du durch ein Arschloch durch, wenn du etwas schaffen willst. Oder du bist wie ich: frei.

Protokoll: Sónia Melo
Foto: Mario Lang