Potemkinsche Sicherungtun & lassen

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Der russische Fürst Potemkin hat, so heißt es, der Zarin Katharina auf einer Inspektionsreise durch die Krim nur blühende Dorfattrappen gezeigt. Potemkinsche Dörfer schauen auf den ersten Blick also ganz passabel aus, verbergen aber, was sich eigentlich dahinter verbirgt.Mit der Mindestsicherung wird jetzt das Sozialsystem armutsfest gemacht. Sagen die einen. Jetzt wird ja keiner mehr arbeiten gehen. Sagen die anderen. Nichts von beiden wird eintreten. Entgegen der Aussendungen der Parteipressedienste, wird die Mindestsicherung weder das Sozialsystem armutsfest machen, noch dazu führen, dass keiner mehr arbeiten geht. Man kann rhetorisch und ideologisch wieder abrüsten. Mit der Mindestsicherung werden völlig falsche Erwartungen geweckt. Bei den Hilfesuchenden ebenso wie bei den prinzipiellen Gegnern von Sozialtransfers für Arme. Es wird über etwas diskutiert, das es so gar nicht gibt.

Die neue Mindestsicherung ist im Wesentlichen die alte Sozialhilfe. Sie ersetzt nicht die Sozialhilfe, sondern baut sich in das bestehende System der neun Bundesländerregelungen ein. Es wird weiter neun verschiedene Standards geben. In den meisten Punkten bleibt die Ausgestaltung zentraler Elemente den Landesgesetzgebern bzw. den Vollzugsrichtlinien der Behörden überlassen.

Und da stehen wir jetzt. Es wird Verbesserungen und Verschlechterungen gleichzeitig geben. In den gerade ausgearbeiteten Sozialhilfenovellen, genannt Mindestsicherung, wird die bereits bundesweit runtergestrichene Mindestsicherung noch einmal verschlechtert. In Kärnten beispielsweise massiv, der Entwurf enthält im wesentlichen lauter Umwandlungen von Rechtsansprüchen in Kann-Bestimmungen. Oder in der Steiermark. Da kann es für Familien um 500 Euro weniger geben als mit der bisherigen Sozialhilfe. Und überall war es bisher im Rahmen der Sozialhilfe als Einzelfallhilfe möglich, die Richtsätze bei entsprechendem Bedarf zu überschreiten. Zuschläge für Haushalte mit erhöhten Belastungen (z.B. in Folge chronischer Erkrankungen, Behinderung, ). Das ist nicht mehr als Anspruch vorgesehen.

Das Verschlechterungsverbot scheint mir in diesem Fall keine ausreichende Sicherheit zu bieten. Denn liest man die Erläuterungen dazu, erfährt man, dass es sich dabei bloß um einen allgemeinen Grundsatz handelt, bei dem weder im Einzelfall Parallellrechnungen angestellt werden müssen noch ein Recht abgeleitet werden kann. Auch findet sich das Verschlechterungsverbot in den Ländergesetzen nicht wieder.

Es gibt viele offene Gefahren in dieser Sozialhilfereform, besonders was Wohnen, Hilfen in besonderen Lebenslagen, die Arbeitsmarktfrage, die fehlende Vollzugsreform und die Unklarheiten des Verschlechterungsverbots betreffen. Ausgangspunkt der Sozialhilfereform war ja die stärkere Harmonisierung des unteren Netzes zur einer grundrechtsorientierten, bürgerfreundlichen Sozialleistung, die nicht mehr in das Belieben neun unterschiedlicher Länderregelungen gestellt ist. Davon sind wir jetzt wieder weit entfernt. Eine Potemkinsche Sicherung: Entscheidend ist nicht, was außen draufsteht, sondern was drinnen ist.