Favoriten-Buch einer befangenen Autorin
Gitta Tonka ist Favoritnerin vierter Generation, Tochter einer Widerstandskämpferin und eines Wehrmachtsdeserteurs, pensionierte Volksschuldirektorin, Grätzelguide und neuerdings Buchautorin. Die Aufarbeitung der Memoiren ihrer Mutter Oswalda Tonka (Buchengasse 100. Geschichte einer Arbeiterfamilie, Promedia Verlag 2016) machte sie auf die Geschichte Favoritens als «Arbeiterbezirk» neugierig. Als Resultat dieser Neugierde liegt nun die Publikation mit dem schlichten Titel Favoriten. Auf den Spuren eines Wiener Arbeiterbezirks vor. Nur, so schlicht der Titel auch klingen mag, Gitta Tonka verwebt darin eine «objektive» Geschichtsschreibung des zehnten Wiener Gemeindebezirks mit ihrer Familiengeschichte in kunstfertiger prägnanter Kürze: nämlich auf bescheidenen 160 Seiten, die obendrein noch mit vielen und sehr treffend ausgewählten Illustrationen und Fotos bereichert sind.
Es ist auch eine – wenn auch nicht extra betonte – Arbeiter:innengeschichte aus weiblicher Perspektive, denn Gitta Tonka greift für die familiär gefärbten Passagen hauptsächlich auf die Erzählungen und Aufzeichnungen ihrer Großtanten Hilda und Wicki Sokopp sowie ihrer Mutter zurück. Das ergibt in Kombination mit klassischen historischen Quellen ein eher unkonventionelles Geschichtsbuch und sorgt damit für Abwechslung.
Gitta Tonka:
Favoriten. Auf den Spuren eines
Wiener Arbeiterbezirks
Mandelbaum 2022
160 Seiten, 18 Euro