Arbeiten als «Deutsch als Fremdsprache»-Lehrer_in
Lehrende für Deutsch als Fremdsprache (DaF) kämpfen derzeit an mehreren Fronten. Zum einen geht es um die Aushandlung eines neuen, besseren Kollektivvertrags, zum anderen um den Widerstand gegen die von der Regierung verordneten Wertekurse und -prüfungen. Martin Birkner hat sich umgehört.
Illu: Much
Diese Lehrenden sollen Menschen grundlegende Kompetenzen in der deutschen Sprache vermitteln. Im Sommer der Migration von 2015 kamen viele Schutz suchende Menschen in Österreich an. Die Nachfrage an DaF-Lehrer_innen stieg sprunghaft an: nicht zuletzt deshalb, weil die Kurse mittlerweile für die Erlangung eines Aufenthaltstitels erforderlich sind. In Wien werden die dafür notwendigen Kurse vom AMS oder auch vom WAFF vergeben, und zwar jeweils auf ein Jahr befristet. Institute, die Deutschkurse anbieten, bewerben sich bei der vergebenden Stelle und konkurrieren um die jeweiligen Ausschreibungen. An diesem Punkt setzt ein Wettbewerb nach unten ein. Wer’s billiger macht, kommt eher zum Zug.
Mageren KV auffetten.
Wie wirkt sich dieser Wettbewerb auf die Beschäftigten aus? Von ihnen wird zwar ein Studienabschluss und Unterrichtserfahrung verlangt, Gehälter, Arbeitszeiten und -bedingungen sind allerdings für einen Job mit akademischer Vorbildung deutlich unterdurchschnittlich. Der Kollektivvertrag, so erzählt mir die Lehrende Katharina Rohrauer, ist damals im Eilverfahren durchgepeitscht worden, als viele der Kurse, die das AMS früher selbst abhielt, privatisiert wurden. Auch die Anrechnung von allerhöchstens fünf Jahren Vordienstzeit klingt nach einem schlechten Scherz. Das soll sich allerdings bei den anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen ändern, ebenso wie die bisher unzufriedenstellende Entlohnung von Vor- und Nachbereitungszeiten.
Bei den letzten KV-Verhandlungen gab es weder Betriebsversammlungen noch ein transparentes Vorgehen bei der Forderungs-Erstellung. Dementsprechend mager war das Ergebnis. Basisinitiativen von DaF-Lehrer_innen sollen dafür sorgen, dass es diesmal besser für die Beschäftigten ausgeht. Nicht verhandelbar ist dabei allerdings die Befristung der Ausschreibung auf jeweils ein Jahr. Sie führt bei den Beschäftigten zur Nicht-Planbarkeit des eigenen Lebens und schwächt die Bereitschaft, Widerstand im Betrieb zu leisten. Wenn unklar ist, ob man im nächsten Jahr wieder zum Zug kommt, überlege man es sich zweimal, ob man gegen ungerechte Arbeitsverhältnisse aufsteht, so Katharina Rohrauer. Es scheint, als ob diese jährlichen (Nicht-)Verlängerungen der Ausschreibungen gezielt eingesetzt werden, um Unsicherheit zu erzeugen.
Zu dieser Misere kommt aber neuerdings noch ein weiterer ungustiöser Brocken auf die DaF-Lehrenden zu: die sogenannten Werteschulungen. Zu den allgemeinen Verschärfungen des Fremdenrechts gelangen neuerdings Elemente eines Kulturkampfes zu regierungspolitischen Ehren, die vor Kurzem noch Neonazigruppen oder den Identitären vorbehalten waren: Neben dem absurden Anti-Burka-Gesetz sind dies vor allem die sogenannten Wertekurse. Sie werden an die Deutschkurse «angehängt» und sollen Migrant_innen die allerfundamentalsten Freiheitswerte unseres schönen Alpenlandes vermitteln.
Kurz’ ideologisches Wertefundament.
«Im Rahmen unserer Gesetze und unseres Wertefundaments können Sie in Österreich ihr Leben frei gestalten und ihren religiösen, kulturellen oder ideellen Überzeugungen nachgehen», so ein gewisser Herr Kurz nicht ohne Chuzpe im Vorwort der Kursunterlagen. Ob dazu auch die Überzeugungen deutschnationaler Burschenschafter gehören, mit denen er gerade an einer Regierung bastelt? Sexuelle Übergriffe durch Parlamentsabgeordnete? Prügelnde Krampushorden? Jedenfalls sollen die DaF-Lehrer_innen dazu angehalten werden, diesen ideologischen Blödsinn zu vermitteln – und auch zu prüfen, mit möglicherweise existenzbedrohenden Ergebnissen. Ohne ernsthafte Ausbildung, und ohne zusätzliche Bezahlung! Dies ist nicht nur aus arbeitsrechtlicher Sicht ein Skandal, sondern auch politisch höchst fragwürdig. Sollen doch Menschen, die von Berufs wegen Sprachkompetenz vermitteln, als ideologische Botschafter_innen einer Regierung verpflichtet werden, deren Mitglieder sich selbst einen feuchten Dreck um ihren lauthals hinausposaunten Wertefundamentalismus scheren.
Auch gegen diesen Versuch staatlicher Indienstnahme regt sich bereits Widerstand: Wütende DaF-Lehrer_innen «besuchten» vor Kurzem eine Konferenz des Österreichischen Integrationsfonds, der den Menschen im Lande ab sofort ihre Werte vorgibt. Und es gibt widerständige institutsübergreifende Vernetzungsinitiativen wie die IG DAZ/DAF. Auch der Österreichische Verband für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache sowie das Netzwerk Sprachenrechte haben kürzlich eine äußerst kritische Stellungnahme gegen die Sprach- und Werteprüfungen veröffentlicht. Bleibt zu hoffen, dass diese Kritik, mit Marx gesprochen, «die Massen ergreift».
IG DAZ/DAF: igdazdafbasisbildung.noblogs.org
Österreichischer Verband für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache: www.oedaf.at