Preußisches ProduktionsdesignArtistin

Ein Gespräch mit der Szenenbildnerin von «Amour Fou»

Katharina Wöppermann hat als renommierte Wiener Szenenbildnerin zahlreiche Preise für die Ausstattung von österreichischen und internationalen Filmen gewonnen. Der Eröffnungsfilm der Viennale – «Amour Fou»- zeigte, dass das Szenenbild nicht immer im Hintergrund bleiben muss.

Foto: Mehmet Emir

Beginnen wir semantisch. Wie bezeichnen Sie Ihren Beruf?

Das kommt auf die Zusammensetzung des Filmteams an. Der gängigste deutsche Begriff dafür ist Szenenbildnerin. Das Szenenbild umfasst neben der Ausstattung auch die Filmarchitektur, also die Bauten. In europäischen Filmteams wird meine Arbeit hingegen als Produktionsdesign bezeichnet. Man merkt alleine an den Begriffen, dass sich dieser Beruf wandelt und das Berufsbild nicht so leicht zu fassen ist.

Wenn ein Film entsteht, wie viel Zeit bleibt in der Entwurfphase für kreatives Denken?

Der assoziative Prozess und die Recherchen stehen am Beginn meiner Arbeit. Die Visualisierung von Stimmungen mittels Moodboards koste ich sehr gerne aus. Um meine Vorstellungen optimal umzusetzen, halte ich laufend Rücksprache mit der Produktion.

Ihre Recherchen für «Amour Fou» waren sicher aufwändig.

Für «Amour Fou» war das Recherchieren der Requisiten und der Möbel sehr abenteuerlich. Je älter die Gegenstände, umso schwieriger können sie organisiert werden. Womit jeder Szenenbildner leben muss: Was im Endprodukt unscharf gezeigt wird, weiß man nie. Regisseurin Jessica Hausner war bei «Amour Fou» sehr genau und hat sogar selbst mit ihrer Regieassistenz herausgefunden, was in Preußen zu Kleists Zeit serviert wurde.

Wie stark im Vordergrund darf Szenenbild überhaupt sein?

Ein Szenenbild soll der Zuseher nie als zu vordergründig wahrnehmen. Und doch ist das Szenenbild bei «Amour Fou», zum Beispiel sehr präsent. Das war von Regisseurin Jessica Hausner so gewünscht. Sie wollte zeigen, dass zu Kleists Zeit nicht alles dezent und lieblich gestaltet war, sondern mitunter progressiv. Mutige Farben überwogen damals.

Darf man als Szenenbildner einen eigenen Stil entwickeln?

Sicher gibt es Vorlieben für Farben oder Arrangements. Kollegen der Baubühne sprechen hin und wieder von einem typischen «Katharina-Blau». Prinzipiell ist es gut, als Szenenbildnerin ein breites Repertoire zu haben. Eine gewisse Handschrift entwickelt sich automatisch.

Wie wurden Sie Szenenbildnerin?

Ich habe mich zuerst für das Studium des Bühnenbildes an der Akademie entschieden. Ich habe stets ein großes Interesse für Kultur, für das Malen und Zeichnen, das Theater sowie Literatur gehabt, wie auch heute noch. Handwerkliches und Technik habe ich nie gescheut. Mit 21 Jahren lernte ich Studenten der Filmakademie München kennen, die kurz vor der Umsetzung eines Filmprojekts standen. Ich habe via Brief um ein Praktikum angesucht und wurde prompt gefragt, ob ich die Ausstattung übernehmen möchte. Das war ein Sprung ins kalte Wasser. Aus diesem Team hat sich dann eine hochkarätige Gruppe entwickelt, wodurch weitere Projekte gesichert waren.

Wäre das Münchener Studentenprojekt nicht gewesen, wären Sie Bühnenbildnerin geworden?

Ich denke schon. Aber das erste und zufällige Projekt beim Film war doch wegweisend. Ich habe im Nachhinein immer wieder für mich überprüfen können, ob die Arbeit am Theater nicht besser gewesen wäre.

Haben Sie es nie bereut, das Metier gewechselt zu haben?

Nein. Trotzdem würde ich gerne auch einmal Bühnenbild machen. Der Blick von der Totale auf die Bühne und das Ausleuchten reizen mich nach wie vor am Theater. Auf eine Premiere hinzuarbeiten, das wäre prinzipiell toll. Im Film bin ich eher mit Stückarbeit beschäftigt.

Finden Sie, dass es generell als Frau schwieriger ist, im Filmbereich zu arbeiten als als Mann?

Es gibt leider im Verhältnis nur wenige Regisseurinnen. Bei selbstausbeuterischen Filmprojekten finden sich am ehesten junge Frauen zusammen, unterstützt von Kolleginnen aus der Branche. Ich finde, junge Frauen sollten aber auch viel stärker motiviert und gefördert werden, um sich an das Studium von Regie und Kamera heranzuwagen.

Muss man Abgründiges lieben, um hierzulande einen erfolgreichen Film zu machen?

Die Assoziation zu Abgründigem entsteht durch die Inspiration der heimischen Filmszene durch Flaggschiffe wie Ulrich Seidl und Michael Haneke – sehr wichtige Regisseure. Aber trotzdem halte ich diesen thematischen Zugang für eine Mode, die vorübergehen wird.

Die Fragen stellte Ute Mörtl

Info

Katharina Wöppermann wurde bisher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: u. a. 2012 bei der Diagonale für Bestes Kostümbild für den Spielfilm «Stillleben», 2011 mit dem Österreichischen Filmpreis für Beste Ausstattung im Spielfilm «Women Without Men», 2004 bei den Internationalen Hofer Filmtagen erhielt sie den Szenographie-Preis für das Szenenbild von «Antares».

Katharina Wöppermann wird bei den FrauenFilmTagen 2015 mit dem Personale-Preis geehrt. Gäste können mit spannenden Diskussionen rechnen.

Mehr unter: frauenfilmtage.at