Musikarbeiter unterwegs … ins Offene
Szene Putzn sind ein Wiener Trio, das «super sexy DIY-Synthi-Trash-Punk» spielt und die heurigen Platzkonzerte im Wiener WUK mit einem famosen Gig eröffnete.
Die nicht ganz so gute Nachricht – bei Erscheinen dieses Textes können schnellentschlossene Musikfreund:innen nur noch drei Termine der im Hof des WUK bei freiem Eintritt stattfindenden Konzertserie miterleben – Sakura (3. 7.), Manu Mayr (4. 7.) und Millycent (5. 7.). Mit deren auf dem Flyer angeführten stilistischen Verortungen – Singer/Songwriter, Impro-Jazz und Mumble-Rap (!) – machen sie aber die Bandbreite der ganzen, zwölf Abende umfassenden Konzertreihe sicht- und hörbar. Echte Vielfalt ohne Beliebigkeit, sorgfältig kuratiert vom Veranstaltungskollektiv BRUTTO (Lisa Kortschak, Gregor Mahnert, Rania Moslam), als «ein Programm für ein diverses Publikum». Was diese Termine von der längst inflationären Gratiskultur massiv abhebt, die Wien oft citymarketingtauglich im Sommer zur diesbezüglichen Erlebnisstadt verklärt, während tatsächlich gerade in der Musik eine Reprovinzialisierung um sich greift, Wien als Kulturstadt gefällig im eigenen Saft blubbernd eigentlich noch nicht einmal mehr ein laues Süppchen zuwege bringt – es geht nichts mehr hinaus und es kommt nichts mehr herein.
«Kunstmuasgoanix»
Nach dem maximal unterhaltsamen Soundcheck setzen sich Szene Putzn zu den Musikarbeitern, Rose (Gitarre), Sarah (Synthi) und Flitz(i) (Drums) lassen Geschichte und Tun ihres Trios im Gespräch Revue passieren. Dies, bevor sie nach einem Konzert im EKH Anfang Juli zu einer Sommertour mit der japanischen Band Alkasilka und den Wiener Tutti Dilemma aufbrechen, die in die Schweiz und nach Deutschland führt und bei den so schön benannten Salzburger Pestspielen endet. Zu Corona-Zeiten am selben Ort entstand die Idee, an einem der damals kurz um sich greifenden Online-Konzerte teilzunehmen. «Wir haben schnell fünf Songs rausgefetzt» (Flitz), «Texte aus der Bravo, in der Foto-Love-Story nachschau’n.» (Rose). Der Bandname Szene Putzn ergab sich aus der ausgeprägten Vorliebe des Trios für Wortwitze – Rose: «Nicht immer intelligent» – und passte so wie das musikalische Zusammenwirken des Trios hundertprozentig, weil inhaltlich mitunter der eigenen Szene auf den Zahn (!) gefühlt wird. Sarah: «Nicht bös gemeint, wir lieben unsere Szene!» Besagte Szene definieren sie klar als links und queer-feministisch, Punkrock als Musik und Haltung spielt ebenso eine Rolle. Eigenkultur auch im Sinne davon, dass beim Merchandise den Menschen freigestellt wird, was sie bezahlen. Beim höchst unterhaltsamen und hoch-energetischen Konzert, das sie dann nach einer launigen Ansage von Lisa Kortschak spielen, lässt einen die dynamische Mischung aus Ernsthaftigkeit – Rose macht etwa eine Ansage darüber, (Psycho-)Therapie als Hilfsangebot bitte in Anspruch zu nehmen – und freizügiger Lust am Krach definitiv nicht kalt. Entsprechend beklatscht und betanzt das wirklich diverse Publikum die wunderbare Vorstellung. Szene Putzn als Live-Act machen Spaß und Sinn, haben nichts Bärbeißiges und zugleich tonnenweise lustvoll ausgespielte Haltung, die sie aber nicht mit Sätzen mit Rufzeichen proklamieren. Rose: «Wir haben schon gemerkt, dass es Relevanz hat, dass wir als weiblich gelesene Personen, als Flinta-Personen auf der Bühne stehen und dadurch gerade bei jungem Publikum voll die positive Resonanz bekommen.»
«Geld ist eine Droge und wir sind alle drauf»
«Für mich war dieses Losgelöste vom Perfektionismus wahnsinnig bereichernd», erzählt Rose, die einen musikwissenschaftlichen Background im klassischen Bereich hat, Flitz ist ein «Musik-Lifer», seit über zwanzig Jahren am Machen und Tun. Bei aller Leichtigkeit, Verspieltheit und zugleich Kraft besticht der Sound von Sarah, Rose und Flitz durch weit mehr als nur seinen unbehauenen Charme. Szene Putzn haben ihren ganz eigenen Pop-Appeal und sind als Band in ihrer individuellen Art absolut «tight». Was ihre ganz im Do-It-Yourself-Verfahren produzierte Platte ebenso einnehmend macht: gelebte Kapitalismuskritik with a smile und Hintersinn, wie die oben zitierte Textzeile. Dabei wird diesen Sommer in der Linzer Kapu ein zweites Album aufgenommen. Sarah: «Die Themen unserer Lieder sind meistens schon Themen, die uns wütend machen. So lustig wir es auf der Bühne haben und so sehr wir einen lustigen Ausdruck finden – die Themen sind ernst und die Energie kommt irgendwie schon aus einer Wut auf bestimmte Umstände.»
Szene Putzn: Same
Eigenverlag 2021
www.szeneputzn.bandcamp.com