Quittung auf der Serviettetun & lassen

Steirische Raiffeisenkassen in Kroatien

Der Augustin berichtete bereits: Steirische Raiffeisenkassen gaben Kredite unter aufzuklärenden Umständen an kroatische Immobilienkäufer_innen, etliche Kredite wurden faul, Hypotheken wurden schlagend und raiffeisennahe Teilnehmer_innen an Versteigerungen kamen billigst zu Grund und Boden. Jetzt ermitteln Staatsanwaltschaft und Finanzmarktaufsicht.Die Staatsanwaltschaft Graz beschäftigt sich mit Raiffeisen. Betroffen sind zwei österreichische und vier kroatische Staatsbürger. Schnell wird das Mantra aller Beschuldigten ausgesprochen, die um ihren guten Ruf besorgt sind: «Es gilt die Unschuldsvermutung.»

Konkret wird Raiffeisen vorgeworfen, dass mit einer blitzschnellen Reaktion der Bank bei Zahlungsschwierigkeiten überraschende Exekutionen vorgenommen wurden. Dieser Vorwurf verwundert – und hier dürfen wir Raiffeisen in Schutz nehmen –, werden doch Exekutionen nur bei Vorliegen eines rechtskräftigen Exekutionstitels ausgeführt und dies sollte auch in Kroatien gelten. Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass die sich geschädigt fühlenden Kreditnehmer_innen in Kroatien insgesamt 21 Rechtsanwält_innen, Richter_innen (!), Notar_innen und sonstige Beteiligte anzeigten.

Raiffeisen kontrolliert Raiffeisen

In der Bankenwelt verpönte Begriffen wie «Geldwäsche», «Betrug» oder «Untreue» sind Themen der Ermittlungen. Insbesondere stößt den in Schwierigkeiten geratenen Schuldner_innen sauer auf, dass ausgerechnet von Raiffeisen gegründete Immobilienfirmen jene Liegenschaften günstig bei Versteigerungen erwarben, deren Exekutionen Raiffeisen selbst eifrig betrieben hatte. Dass Feuer am Dach ist, zeigt die Tatsache, dass Raiffeisen nunmehr einen «Kroatien-Beauftragten» eingesetzt hat, der als «Chef-Koordinator der Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark für die Angelegenheit rund um die Kreditvergaben steirischer Raiffeisenbanken an kroatische Kreditnehmer zuständig» ist, so Raiffeisen in einer Presseaussendung.

Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass Raiffeisen den Begriff «Betrug» mit sich selbst in Verbindung bringt und zwar in Form der Zurückweisung eines Vorwurfes – «Die betroffenen steirischen Raiffeisenbanken weisen etwaige Betrugsvorwürfe gegenüber kroatischen Kreditnehmern dezidiert zurück. Auch die bisherige Überprüfung durch den Raiffeisenverband brachte keine Bestätigung der Vorwürfe.» In der Bankenlandschaft sind üblicherweise wenig Institute bekannt, die sich genötigt sehen zu behaupten, sie würden nicht betrügen. Das Dementi birgt allerdings noch einen zweiten Teil, der ein prinzipielles Thema der Raiffeisenwelt betrifft: Kontrolle. Hier wird angeführt, der Raiffeisenverband Steiermark hätte kontrolliert und alles hätte sich als paletti erwiesen. Der Raiffeisenverband kontrolliert also Raiffeisenkassen – es bleibt die unschöne Optik, dass Kontrolle von jenen ausgeführt wird, die mit den Kontrollierten geschäftlich verbandelt sind.

Zentrales Thema in der Causa ist auch die notwendige Antwort auf die Frage, ob die steirischen Raiffeisenkassen entsprechende Konzessionen für ihre Tätigkeiten in Kroatien hatten. Die Deals selbst sind laut kroatischen Kreditnehmer_innen teilweise abenteuerlich gelaufen. Über Zeitungsinserate wurden Kredite angeboten, Kreditvermittler kassierten horrende Provisionen und teilweise wurden Kreditsummen in Cash über die Grenze gebracht und ausbezahlt. Für Rückzahlungen gab es teils Quittungen auf Papierservietten.

Der Abgeordnete Nansi Tireli von der kroatischen Arbeiterpartei kooperiert mit der kroatischen Kreditnehmerorganisation «Stop-Bank». Der Parlamentarier und «Stop-Bank» haben dazu aufgerufen, die oben erwähnten Strafanzeigen zu erstatten. Sie werfen Raiffeisen und den Kreditvermittler_innen vor, interessante Immobilien von Kreditnehmer_innen mit mangelhafter Bonität ins Visier genommen zu haben. Zuerst werde dem finanzmaroden Liegenschaftseigner der Kredit angeboten, dann werde bei Zahlungsverzug ruckzuck das Haus einkassiert. Dass hinter den Aufkäufer_innen mit Raiffeisen verbundene Unternehmen stehen, lässt diese These für Banksachverständige plausibel erscheinen.

Raiffeisen sagt nunmehr, es hätte nie ein Interesse an den Liegenschaften gegeben, man hätte kaufen müssen, weil sich keine anderen Bieter_innen gefunden hätten.

Wir werden weiter berichten.

Ein Bankgeheimnis geht offline

Andere Baustelle, selber Kunde: In dieser Serie berichteten wir über die Raiffeisenbank Sillian in Osttirol. Gegenstand unserer Berichterstattung war der Umstand, dass auf der Website der Sillianer Kasse das österreichische Bankgeheimnis ausführlichst dargestellt wurde und so manche Site-Besucher_innen aus dem benachbarten Italien zwischen den Zeilen eine Einladung zum Veranlagen von steuerlich wenig gewürdigtem Cash hätten sehen können. Nunmehr wurde die Website neu gestaltet, und wir dürfen mit Freude notieren, dass weder in der deutschen noch in der italienischen Version das österreichische Bankgeheimnis zur Sprache kommt.