Raikas: Hose rauf oder runter?tun & lassen

Neue Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute machen Basis und Zentrum nervös

Die Raiffeisen-Spitze genießt in Österreich Sonderrechte. Neben der genossenschaftlichen Selbstkontrolle durch den Raiffeisen Verband können die Monopole des Konzerns tun und lassen, wie es ihnen gefällt.Vor diesem Hintergrund der politischen Hätschelung (vor allem durch die ÖVP) ist es für die Spitzen von Raiffeisen befremdlich, sich im Bereich des Bankwesens plötzlich einer internationalen Fremdbestimmung zu unterstellen. Bemühungen um die bessere Kontrolle des Finanzwesens und der Kreditwirtschaft haben eine lange Geschichte. Nächstes Jahr kommen sie allerdings zum Abschluss: Die einschlägigen Richtlinien zielen auf eine Stabilisierung des Systems, das bisher auf einer sehr geringen Unterlegung aushaftender Kredite (sprich: vergebener Darlehen) mit Eigenkapital der Banken beruht. Die bevorstehende Erhöhung des Eigenkapitals, das von den Banken für vergebene Kredite gehalten werden muss, greift tief in die Strukturen des Systems Raiffeisen ein.

Potenziell wedelt der Schwanz mit dem Hund

Das System Raiffeisen ist an sich so konstruiert, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt. Das heißt, dass zumindest theoretisch die Primärbanken vor Ort der bestimmende Faktor im Geldbereich des Konzerns sind. Seltsamerweise wurde diese stabilisierende Wirkung der Genossenschaft und Sparkassen – speziell in Krisenzeiten wie nach dem Schwarzen Freitag 1929 und in der jetzigen Phase – lobend hervorgehoben. Das Lob wurde allerdings von unabhängigen Expert_innen ausgesprochen und nicht von Akteur_innen aus dem Raiffeisen-Reich.

Dennoch geht die österreichische Konzernspitze nun daran, per Intragroup Haftungsverbünde zwischen Primär- und Landesbanken zu schmieden, statt, wie in Deutschland bereits vor fünfzehn Jahren, die Zentral- mit den Landesbanken zu verschmelzen, um die Stärke des Sektors weiter abzusichern. Diese Konzentration auf eine Zentralbank und selbständige Lokalbanken hat den Vorteil, dass beide Seiten keine Kapitalprobleme bekommen. Die lokalen Institute sammeln das Geld vor Ort, und die Zentralbank organisiert neben den Eigengeschäften die lokal gefragten Dienstleistungen von der Bausparkasse über die Geldanlage bis zum Reisebüro.

In dieser Frage ist es nun zu einem Streit gekommen – und zwar zwischen Walter Rothensteiner, Generaldirektor der RZB und Generalanwalt von Raiffeisen, und Josef Stampfer, Obmann des Fördervereins der Primärbanken, dem fünfzig Raiffeisenkassen und einige Volksbanken angehören. Konzernchef Rothensteiner vertritt die Ansicht, dass die Bildung der Intragroups, die bereits in Gang ist, der beste Weg sei, um den Sektor zu stärken. Kein Wunder, würde er damit doch die mitunter zänkischen Basis-Banker los. Stampfer sieht hingegen in der Beibehaltung der Selbständigkeit der Primärbanken die richtige Strategie und empfiehlt stattdessen die Verschmelzung der Landesbanken mit der RZB, die ohnehin mit der Raiffeisen Bank International eine Menge Probleme am Hals hat.

Stampfer kritisierte ferner, dass mit den Bestimmungen zu den Regional- und Bundesverbünden die Rechte der Mitglieder einer Genossenschaft eingeschränkt werden, ohne dass diese darüber befragt werden oder abstimmen können. Spezialist_innen der RZB hätten erklärt, dass die Haftungsverbünde IPS (Internal Protection Scheme) kurz vor dem Abschluss stünden. Grund für die Eile sei das Inkrafttreten der neuen Aufsichtsregeln im Jahr 2014.

Laut der Zeitschrift «Format» verwies Rothensteiner die Aussagen Stampfers «in das Reich der Fantasie». Sie zeugten von fehlendem Einblick in Wirkungsweisen und Aufgaben in der Raiffeisen Bankengruppe: «Die bewährte dreistufige Struktur erhöht nicht nur ihre Tragfähigkeit, die Raiffeisenlandesbanken sind auch wichtige Impulsgeber der regionalen Wirtschaft» und würden mit regionalen Investitionen wesentlich zur Sicherung von Arbeitsplätzen vor Ort beitragen.

Wer ist bestimmender Faktor?

Die Gretchenfrage in der Angelegenheit bezieht sich auf den Stellenwert, den die Basisgenossenschaften künftig haben sollen. Stampfer sieht sie als eigenständige Agenten der jeweiligen Region, die primär das Geld, das sie vor Ort einsammeln, wieder für die Weiterentwicklung der regionalen und lokalen Wirtschaft einsetzen. Rothensteiner betrachtet die Raikas bloß als Hilfsmittel der regionalen Verankerung, ohne ihnen eine bestimmende Position einzuräumen.

Der springende Punkt dieser Angelegenheit besteht darin, dass die Nähe zur ÖVP-Politik die erforderliche Modernisierung des Modells Raiffeisen in Österreich lange Zeit schwer behindert hat. Statt sich an den Zug der Zeit anzupassen, wurden Ausnahme- und Sonderregelungen verhandelt, die der Genossenschaft die Nähe zum internationalen Markt genommen haben. Daher steht der Geldsektor der Genossenschaft mit heruntergelassener Hose da. Die Frage ist, ob das gute Ding heruntergelassen oder hochgezogen werden soll.

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