Rechtsextrem und regierungsfreundlichtun & lassen

Rechte Nachrichtenplattformen verzeichnen starken Zulauf

Drei aktuelle Schlagzeilen in drei unterschiedlichen Medien: 

«Körperverletzung durch Somalier», «Araber-Menge attackiert Pärchen» und

«Moschee-Ausbau in Wien». Was die Meinungsmacher_innen eint? Sie werden

direkt oder indirekt von der FPÖ unterstützt – und sie haben in den vergangenen Jahren enorm an Reichweite gewonnen.

Von Liese Kuttin (Text) und Karl Berger (Infografik).

Mittlerweile existiert ein breites Angebot an selbsternannten «alternativen Medien», die eine Art von rechtsextremer Gegenöffentlichkeit anbieten. Dabei ist für alle Geschmacksnuancen etwas dabei: Info-Direkt bedient vor allem Fans der Identitären Bewegung, der momentan in Graz wegen der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Verhetzung und Sachbeschädigung der Prozess gemacht wird. Der oberösterreichische Wochenblick ist eher zünftig, während Alles Roger? mit boulevardesker Anmutung daherkommt. Mit der Tagesstimme wollen Identitäre eine klassische Tageszeitung imitieren, dazu kommt unzensuriert.at, der Platzhirsch und Altmeister unter den Rechtsaußen-Postillen.

Die Entstehungsgeschichte von unzensuriert.at zeigt gut auf, wie eng die Plattformen mit der FPÖ verbunden sind. Die Seite ging aus einem Newsletter des damaligen dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf hervor. Im Laufe der Zeit wurde das Angebot immer weiter ausgebaut. Zahlreiche FPÖ-Politiker_innen schrieben Kolumnen, etwa die beiden mittlerweile aus der Partei ausgeschiedenen stramm rechts stehenden Nationalratsabgeordneten Susanne Winter und Barbara Rosenkranz.

Es geht unzensuriert.at darum, eine «rein positive Berichterstattung» gegenüber der FPÖ zu fahren. So offen sprach der damalige Chefredakteur Alexander Höferl 2016 mit einer vermeintlichen Bewerberin, die tatsächlich undercover für den deutschen Fernsehsender RTL recherchierte. Höferl ist mittlerweile im Kabinett des Innenministeriums tätig, er kümmert sich dort um die Kommunikationsstrategie.

Stimmungsmache.

Eine «rein positive» Berichterstattung für die FPÖ gibt es auch auf den anderen Plattformen der rechtsextremen Sphäre. Während unzensuriert.at bereits 2009 entstanden ist, sprossen die anderen Angebote vor allem nach den Flüchtlingsbewegungen ab 2015 aus dem Boden. Sie haben mehrere Gemeinsamkeiten, die sie von klassischen Medien unterscheiden. Neben der Stimmungsmache gegen Ausländer_innen und Propaganda für die FPÖ ist ihnen gemein, dass sie es mit der Wahrheit nicht allzu genau nehmen. So deckte die Tageszeitung Der Standard im Herbst 2016 auf, dass Alles Roger? vermutlich gefälschte Interviews mit Prominenten abgedruckt hatte. Der oscarprämierte Schauspieler Kevin Spacey soll etwa in Alles Roger? behauptet haben, dass europäische Politiker seit Jahren auf einen «größeren Krieg» hinarbeiten, was von Spaceys Sprecherin vehement bestritten wurde. Nach dem Erscheinen der Recherche nahm Alles Roger? die Interviews vom Netz. Info-Direkt wiederum soll dutzendfach plagiiert und ungefragt Texte aus der taz oder der Wiener Zeitung übernommen haben. unzensuriert.at wurde hingegen schon mehrfach zu redaktionellen Richtigstellungen verurteilt. Die Webseite musste 2.000 Euro Schadenersatz an die damalige Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner zahlen, nachdem behauptet worden war, Brauner habe einen Obdachlosen «zum Mistkübel», wo er hingehöre, geschickt.

Gewürzt wird das oft hetzerische Angebot mit einem Hauch von Antisemitismus, etwa wenn über «Soros-Befehlsausgabe im Bilderberger-’Standard’» (unzensuriert.at), den «Soros-Plan» (Info-Direkt) berichtet wird oder Alles Roger? fragt: «Veranstalten die Rothschilds okkulte Zeremonien?»

Familienbande.

Das alles hält die FPÖ aber nicht davon ab, fleißig Inserate zu schalten. Auch exklusive Interviews stehen an der Tagesordnung. Daran hat sich auch nichts geändert, seit Freiheitliche in Regierungsfunktionen sind. Im Gegenteil: Nun inserieren sogar Ministerien in den Postillen. Nachwuchs für die Polizei wurde etwa in Wochenblick oder Alles Roger? gesucht. Verantwortlich für die Kommunikationsstrategie im Innenministerium ist wie erwähnt der ehemalige Chefredakteur von unzensuriert.at, Alexander Höferl. «Möglicherweise handelt es sich um eine gezielte Inseratenkampagne, um Personen mit Sympathien für rassistische und antisemitische Aussagen bevorzugt als Polizisten zu rekrutieren», befürchtet der Abgeordnete Alfred Noll von der Liste Pilz.

Die genannten Plattformen agieren nicht wie Konkurrenten, die um Inserate wetteifern. Vielmehr erwecken sie zumindest den Eindruck, als Partner_innen aufzutreten. So finden regelmäßig Vernetzungstreffen statt, etwa beim rechtsextremen «Kongress der Verteidiger Europas». Teils bewerben sich die Angebote gegenseitig, teils teilen sie sich auch dieselben Autoren. Dabei bestehen Verflechtungen mit der rechtsextremen Identitären Bewegung, Burschenschaften und der FPÖ selbst. Beim Wochenblick war anfangs etwa Walter Höferl, der Vater des ehemaligen unzensuriert.at-Chefredakteurs Alexander Höferl tätig. Dessen Bruder Volker Höferl ist Pressesprecher von Verkehrsminister Norbert Hofer. Info Direkt steht dagegen unter einer Art Schirmherrschaft des Linzer Vizebürgermeisters Detlef Wimmer (FPÖ), der die Präsentation der ersten Ausgabe im Alten Rathaus in Linz möglich gemacht haben soll.

Die trug übrigens den Titel «Wir wollen einen wie Putin». Nicht nur deshalb gibt es seit Jahren Gerüchte, dass Russland derartige Medien querfinanzieren soll. «Der Verdacht liegt nahe, dass Geld aus Russland an das rechtsnationale Lager in Österreich fließt», sagte etwa der Rechtsextremismus-Experte Thomas Rammerstorfer im Profil. Beweisen ließ sich das bislang nicht. Allerdings gibt es nach wie vor viele Fragen über die Entstehungsgeschichte der Plattformen. Einen ersten Einblick lieferte ein Prozess, den Rammerstorfer gegen den Wochenblick angestrengt hatte. Dort gab dessen Geschäftsführer an, dass sein Medium rund eine Million Euro im Jahr umsetze, wobei 100.000 Euro mit Inseraten und 50.000 Euro mit Abonnements eingenommen würden. Der große Rest von 850.000 Euro werde von Sponsoren, und zwar von «verschiedenen Personen und Unternehmen», beigesteuert. Deren Namen seien aber ein «Geschäftsgeheimnis».

Im Trend.

Freilich gilt Derartiges auch für manche klassische Medien in Österreich. So ist nach wie vor unklar, wie Heute, die zweitgrößte Tageszeitung des Landes, entstanden ist. Fakt ist, dass ihr Geschäftsführer Wolfgang Jansky vor der Gründung des Gratisblatts über zehn Jahre lang Pressesprecher des damaligen Wiener Wohnbaustadtrats Werner Faymann war. Dazu passt, dass Heute anfangs exklusiv in den U-Bahn-Stationen der Wiener Linien aufliegen durfte. Auch das Spiel mit den Inseraten, die eine positive Berichterstattung möglich machen, beherrschten die SPÖ und Faymann – und zwar so sehr, dass das Thema sogar Teil eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses werden sollte. Der wurde jedoch abgedreht, bevor Faymann aussagen musste.

Die katholische Kirche besitzt nach wie vor Anteile an der Presse und der Kleinen Zeitung, genau wie die ÖVP-nahe Raiffeisenbank. Der gehören wiederum auch Teile des Kurier. Der «Kampagnenjournalismus» der Krone dürfte auch nicht ganz unabhängig von Inseraten sein. Überhaupt ist die «Krone» zuletzt vor allem online scharf nach rechts gerückt. Das hat auch mit dem Erfolg von «unzensuriert.at» und Konsorten zu tun. «Wir sind da in einer Auseinandersetzung mit Medien, die der rechte Rand installiert hat, mit unzensuriert.at und anderen Seiten. Wir müssen uns von denen abgrenzen, aber ihre Existenz allein sorgt dafür, dass wir sehr aufpassen müssen», sagte etwa krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt in einem Interview mit dem Magazin Fleisch. Immerhin: Die Zahlen bestätigen Schmitt. So zeigte etwa der renommierte «Digital News Report» des Reuters Institute for the Study of Journalism in seiner 2018er-Ausgabe, dass bereits ein Fünftel aller Österreicher_innen von «unzensuriert.at» gehört hat. Vier Prozent der Befragten hatten die Plattform in den zurückliegenden sieben Tagen angeklickt.

Österreich liegt damit ganz im internationalen Trend. Klassische rechte Medien verschärfen durch die neue, radikalere Konkurrenz aus dem Netz ihren Ton weiter. In Deutschland machen Plattformen wie «Politcally Incorrect (PI) News» oder «Epoch Times» den traditionellen Medien zunehmend Konkurrenz. Und in den USA ist das beispielsweise bei «Fox News» zu beobachten, das unter dem Erfolg von «Breitbart.com» leidet. Dessen Direktor, der frühere Berater von Donald Trump, Steve Bannon, hat unterdessen eine Initiative seiner Stiftung zur Unterstützung rechtsextremer Parteien in Europa im Vorfeld der EU-Wahlen im Jahr 2019 angekündigt. Was genau darunter zu verstehen ist, bleibt abzuwarten, zu vage sind Bannons Einlassungen derweil noch. Immerhin einen Interessenten für eine «punktuelle Kooperation» mit Bannon gibt es schon: den Delegationsleiter der FPÖ im Europäischen Parlament Harald Vilimsky.