Reich und gesundtun & lassen

Studie: sozialer Status und chronische Erkrankungen

Dass Männer öfter an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden als Frauen, ist ein alter Hut in der Gendermedizin. Auch dass sich vererbte Armut auf den Erwerbsstatus, dieser auf Bildungsabschlüsse und alles zusammen auf die Lebenserwartung auswirkt, ist keine brandneue Erkenntnis. Neu ist, dass die Stadt Wien die ganze Chose detailliert erforschen lässt. Anhand von fünf chronischen Erkrankungen und einem Set an sozioökonomischen und -demografischen Merkmalen wird untersucht, welche Zusammenhänge es zwischen den verschiedenen Parametern gibt. Die Ergebnisse liefern Argumentationsgrundlagen dafür, dass jede Politik ein Recht auf Gesundheit im Blick haben muss. Eher mutlos ist die Studie in ihren Handlungsempfehlungen: Zwar wird berechtigterweise aufgelistet, was die Stadt Wien schon lange weiß (dass gesundes Essen in Gemeinschaftsverpflegungen in ihrer Verantwortung steht oder ein gut erschlossenes Fahrrad- und Fußwegenetz zu mehr Bewegung motiviert). Aber die unangenehmen Fragen bleiben ungestellt: Wie gesundheitsschädigend ist patriarchale Gewalt? Bedeutet die hohe Rate an Depression bei Erwerbsarbeitslosen im Umkehrschluss, dass es mehr Lohnarbeit für alle geben muss, oder läuft die Debatte um die Wertigkeiten von Arbeit falsch? Und gibt es einen klassenspezifischen Gesundheitsaspekt in der Frage PKW vs. öffentlicher Verkehr? Da gibt es noch genug Stoff für die städtische Forschung.

Felix Hofmann, 2020: Sozialer Status und chronische Erkrankungen in Wien
Magistrat der Stadt Wien, MA 24 – Strategische Gesundheitsversorgung

Download: www.wien.gv.at/gesundheit/einrichtungen/planung/pdf/bericht-sozialer-status-chronische-erkrankungen.pdf

Translate »