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Rollin’, rollin’, rollin’Artistin

Wir werden keine Rolltreppe brauchen! Philip, Rebecca, Fan (Foto: © Mario Lang)

Musikarbeiter unterwegs … mühselig, doch erfrischt

Es geht bergab heißt der zweite Tonträger der Wiener Band Rolltreppe, erschienen auf Tape und Vinyl. Ein (post-)punkiger Befreiungsschlag in und aus einer zunehmend (auch!) kranken Welt.

«Kranke Welt» heißt das erste von fünf Liedern, bei dem Rolltreppe ihrem eigentlichen Sound-Arsenal (Bass, Gitarre, Schlagzeug, Stimme) noch ein Saxophon hinzufügen. Michael «Sado» Masen (FS Massaker), bläst dabei mit seinem Instrument mit Sängerin Rebecca, Schlagzeuger Philip, Gitarrist Philip und Bassistin Matea zu einer wunderbaren, post-punkigen, an-psychedelisierten, stimulierenden Unruhe. «Normal zu sein ist verlorene Zeit», vokalisiert Rebecca. Ich könnte nicht mehr zustimmen.

«but now, we create sound»

In der Musikversorgung Steiner, in der Westbahnstraße, nimmt ein Plattenhändler meines Vertrauens dieser Stadt die 12“ aus dem Regal und legt sie auf. Frisch bei seinem Label Contergan Punk auf ­Vinyl verlegt, nachdem die mit ­Werner Thenmayer aufgenommenen und gemischten Lieder im Mai dieses Jahres von ­Urban Lurk auf Tape veröffentlicht wurden. Vier Jahre zuvor erschien schon einmal eine Kassette der Band, noch mit Drummer Lucas eingespielt, auch diese neun Lieder wurden später von Bachelor Records auf ­Schallplatte gepresst. Am Tag meiner Begegnung mit Rolltreppe – ihr Sound, ihre Musik lösen immediate Begeisterung aus, den selten gewordenen «Haben-und-Darüber-Schreiben-Wollen»-Reflex – wäre die Live-Vinyl-Präsentation im Tüwi gewesen. Dazu reicht die Lebensenergie des Musikarbeiters unmittelbar nicht aus, aber immerhin weiß ich jetzt, dass im Tüwi wieder Konzerte sind. Für die Woche darauf ist rasch ein Gespräch mit Gitarrist ­Philip und Sängerin Rebecca vereinbart.

Zur Legende

Nachdem die Nachbar:innen Bekanntschaft mit «Kranke Welt», «She Lived», «Schüsse», dem «Mietenlied» und «Domestic Comfort» machen, Es geht bergab nachhaltig in meinen Hörgewohnheiten wohnt, assoziativ der Gedanke auftaucht, dass mein Internist sagt, ich soll Rolltreppen meiden und zu Fuß gehen, ebenso wie das Gedanken-Fragment, dass im Polnischen «Von nun ab geht’s bergab» positiv konnotiert ist, weil es sich einfach leichter geht, lerne ich beim Treffen mit der Band ein Lokal im 2. Bezirk kennen, genau, Zur Legende, das ich sofort sehr mag. Licht schummrig, Größe überschaubar, super Musik – neben der Bar tatsächlich zahllose Tapes als deren Quelle – die Menschen ebenso. Philip einst Arbeitskollege in der besten Arena der Stadt in Erdberg, musikalisch vertraut von Bad Weed oder Lime Crush, Rebecca wenig überraschend ebenso ein sympathischer, kluger und reflektierter Mensch. Das Gespräch mäandert über die Bandgeschichte hinaus, die 2019 ihren Anfang nahm. Ein zentrales Element von Rolltreppe die aktive Verwurzelung in der D.I.Y.-Kultur, die sich allzu marktschreierischer (Halb-)Öffentlichkeits-Arbeit eher bewusst verschließt, those who know know and share. So lässt sich nicht tauglich qua abschreiben aus dem Netz klären, ob der doppelte Philip in der Band jetzt mit einem oder zwei «l» zu schreiben ist, oder einer so und der
andere anders. Im Fall sorry, wenn falsch, dafür schreibt sich die Musik nachhaltig und «richtig» in mir ein. Nicht zuletzt wegen der Texte, die so unprätentiös und treffend Dinge verhandeln, dass es nicht wundert, dass Rebecca mit ihren Lyrics auch anders, bei Lesungen in Erscheinung tritt. Insbesondere «She Lived» und «Domestic Comfort» berühren sehr, Letzteres als eine sehr taugliche Reflexion dieser merkwürdigen Corona-Zeit zu lesen, der Erfahrungen unfreiwilliger Rückzüge ins «Private» und «Häusliche», die länger nachhallen und wirken, als wir uns bewusst machen oder uns lieb ist: «Your inner peace is a
fucking myth!». Oder: «Even the punx are getting used to it / and all the doors are closed / and all I dream about is sex and secret shows.» Neben ihrer großartigen Musik haben Rolltreppe dann noch die gute Nachricht, dass im Venster 99 mit dem neuen Jahr wieder Shows stattfinden können und werden. Das Bier
im Zur Legende schmeckt dann in dieser guten Gesellschaft legendär gut, noch eine weitere gute Nachricht überdauert den unweigerlichen Kater am Tag danach, nämlich, dass es schon im Februar Gelegenheit gibt, Rolltreppe dann auch live auszuchecken. Trau dich, Zukunft und neues Jahr!

Rolltreppe: Es geht bergab, 12“/Tape, Contergan Punk / Urban Lurk
Live: 13. Februar, Wien, rhiz (mit Cava), 22. Februar, Wien, Chelsea (mit ­Negative Gears & C.A.M.O.)
rolltreppe.bandcamp.com/album/es-geht-bergab

 

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