Raiffeisen in Zentral- und Osteuropa
Die Märkte in Zentral-und Osteuropa wurden von Raiffeisen International dank des Systems «Gruppenbesteuerung» in Österreich günstigst erschlossen. Jetzt soll ein Rückzug gemanagt werden.
Zur Vorgeschichte: 2005 beschloss die damalige und später abgewählte schwarzblaue Regierung das System «Gruppenbesteuerung». Damit können Gewinne und Verluste ausländischer Tochterfimen ästerreichischer Unternehmungen steuerlich ausgeglichen werden. In der Praxis bedeutet dies, dass Expansionen ästerreichischer Firmen im Ausland von einheimischen Steuerzahler_innen massiv unterstützt werden, denn Steuerleistungen, die sich österreichische Unternehmen mit auslä.ndischen Töchtern ersparen, fehlen im hiesigen Budget und müssen durch andere Steuerleistungen, beispielsweise Massensteuern wie die Mehrwertsteuer, ersetzt werden. Argumentiert wurde die Vorgangsweise mit der Chance, österreichischen Unternehmen kommerzielle Möglichkeiten im Ausland zu erleichtern und zu sichern. Einer der Hauptnutznieser – neben anderen – der Regelung ist die österreichische Raiffeisengruppe. In den Bereichen Bankgeschäfte, Immobilien und Agrarbusiness wurde kräftig in Zentral- und Mitteleuropa investiert, immer mit dem Wissen, dass Anlaufsverluste mit den Steuerpflichten, die ertragreiche inländischen Raiffeisenfirmen generieren, gegenverrechnet werden können. Das System hat für österreichische Investoren im Ausland den Vorteil, dass Investitionen im Ausland, sollten sie keine Gewinne bringen, zumindest die Steuerlast in Österreich auf Kosten anderer minimieren. Genau dieser Umstand ist jetzt bei Raiffeisengesellschaften in der Tschechischen Republik, in der Slowakei und in Ungarn zum Tragen gekommen. Ungarn: Derzeit prüfen die Manager der Raiffeisenbank International (RBI) einen Rückzug der ungarischen Banktochter. RBI-Vorstand Peter Lennkh erklärt den RBI-Aktion.ren (zum Teil die Raiffeisenlandesbanken, die Raiffeisenzentralbank und Streubesitz) die Unbillen der gewinnorientierten Wirtschaftsform in der (teilweise) raiffeiseneigenen Zeitschrift «format»: .Es ist ein großartiges Geschäft, wir machen dort alles richtig, aber im Moment wirft es keinen Wert für die Aktionäre ab, und das kann man nicht für immer ignorieren». Handelsgericht ärgert Raiffeisen Die Raiffeisenbanktochter in Ungarn stöhnt unter der vom ungarischen Parlament beschlossenen Pflicht, Fremdwährungskredite an ungarische Darlehensnehmer mit Verlusten in Forint zu konvertieren. Zudem werden in Ungarn Banken zur Leistung einer Sondersteuer herangezogen, da hilft auch das famose Gruppenbesteuerungssystem in Österreich nichts. Dass eine erkleckliche Anzahl der augegebenen Kredite von den Gläubigern nicht mehr bedient werden kännnen, verschärft die Situation. In der Tschechischen Republik und in der Slowakei bereitet die Olinebank «Zuno» den Chefs am Wiener Stadpark große Sorgen: die Onlinebank bedient 230.000 Kunden, aufgeteilt auf 60 % in der Tschechischen Republik und 40 % in der Slowakei. Die Bank bewegt sich seit vier Jahren am Markt, kommt jedoch von den Miesen nicht weg und soll jetzt verkauft werden. Auch hier lindert das System Gruppenbesteuerung den Schmerz: die Verluste in der Tschechischen Republik und in der Slowakei mindern die Steuerlast der Eigentümer in Österreich. Der Vollständigkeit halber: Als im östereichischen Nationalrat 2005 über die Gruppenbesteuerung abgestimmt wurde, stimmten sämtliche ÖVP-Abgeordnete mit Raiffeisennähe für das für Raiffeisen höchst günstige neue System. Dies konnten sie völlig legal im Rahmen des «freien» Mandats tun. Eine prinzipielle Systemfrage. Andere Baustelle: Im Augustin 372 berichteten
wir über den Verkauf/die Vermittlung von Anteilen an geschlossenen Schifffsfonds durch diverse Raiffeisenbanken. Jetzt hat sich auch das Handelsgericht Wien um die Angelegenheit gekümmert und ein – noch nicht rechtskräftiges – Urteil gefällt, das auf wenig Freude bei den Raiffeisenchefs treffen dürfte: Der Verein für Konsumenteninformation führte ein Verfahren, und es stellte sich heraus, dass das Gericht bei den Punkten Beratung, Provisionen und Ausschüttungen Handlungsbedarf sah, die Notbremse zog und Raiffeisen das veranlagte Kapital samt vier Prozent Zinsen zurückzahlen muss.