Säulen der Kindergrundsicherungtun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

Eing'Schenkt (19. Juni 2024)

Ein Haus steht, ein Dach hält, wenn es ein gutes Fundament hat, wenn es statisch richtig gestützt ist. Das gilt auch für das Modell der Kindergrundsicherung, das von drei Säulen getragen wird. Die eine Säule ist das Geld, die andere die soziale Infrastruktur bei Gesundheit und Teilhabe, die dritte Bildung. Das Haus steht ­sicher auf allen drei Säulen – mit einer Säule allein fällt das Gebäude zusammen.
Die monetäre Säule der Kindergrundsicherung setzt sich aus einem Fixbestandteil für alle und einem vom Einkommen der Eltern abhängigen Teil zusammen. Der finanzielle Universalbetrag für alle führt vorhandene Leistungen zusammen und beseitigt bestehende soziale Ungerechtigkeiten. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gehen in der Kindersicherung auf; der Familienbonus kommt in voller Höhe allen Kindern zugute, auch jenen Familien, die ihn bisher nicht zur Gänze in Anspruch nehmen konnten. Der ­Betrag wird nach Alter und Anzahl der Geschwister angepasst. Die Sprünge in der Altersstaffelung werden ­lebensnaher gestaltet. Die Geschwisterstaffel der Familienbeihilfe wird beibehalten. Universelle Leistungen für alle entlasten untere Einkommen in Relation zum Haushaltseinkommen stark, können unbürokratisch in Anspruch genommen werden, schützen die untere Mitte und wirken armutspräventiv, sind wichtig für die allgemeine Zustimmung zum Sozialstaat und stigmatisieren nicht. Der andere Betrag berücksichtigt schwierige und bedrohliche Einkommenssituationen. Wir dürfen die über 60.000 Kinder in der gekürzten und schlechten Sozialhilfe nicht vergessen! Geringere Richtsätze und Kürzungen des Lebensunterhalts bringen Familien mit Kindern an den Rand. Das Sozialhilfegesetz ist jedenfalls mehr als sanierungsbedürftig, die Abschaffung der Mindestsicherung raubt den Kleinen die Zukunft. Weiters braucht es hier eine Unterhaltssicherung mit einem garantierten Mindestunterhalt, 36 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden müssen gänzlich ohne Unterhaltszahlungen oder Ersatzleistungen auskommen.
Die zweite Säule umfasst Gesundheit und Teilhabe: Sie beginnt beim Baby mit den «Frühen Hilfen», erweitert sich um die Präventionsketten, die sich an den Entwicklungsherausforderungen des Kindes orientieren. Es geht hier im Kern darum, Unterstützungsnetze zu mobilisieren, die sozialstaatlich, institutionell, in der Gemeinde und der Community zu finden sind. Die ­Gesundheitssäule schließt die Lücke leistbarer Therapien und bindet die nicht krankenversicherten Kinder ein. Teilhabe bedeutet weiters Zugang zu Ferien- und Freizeitangeboten sowie den Ausbau des Kulturpasses.
Die dritte Säule sichert gute Bildung für jedes Kind, schafft Kindergärten mit kleineren Gruppen und mehr Zeit, etabliert den «Chancenindex» für alle 1.100 benachteiligten Schulstandorte, organisiert ein warmes Mittagessen in der Schule. Letzteres hilft pädagogisch, weil die Kinder sich besser konzentrieren können; es hilft sozial, weil gemeinsames Essen der Gemeinschaft guttut und es hilft gegen Armut, weil Familien in finanziell schwieriger Situation entlastet werden.
Alle drei Säulen tragen das Haus. Eine Säule allein ist kontraproduktiv, bringt das Haus ins Wanken, kann sogar Kinderarmut erhöhen. Wirkungsvoll ist die soziale Infrastruktur, öffentlich und solidarisch ­finanziert, besonders bei Gesundheit, Bildung und sozialem Wohnbau. Nichtstun kostet. Wen die humanistischen und sozialen Argumente nicht überzeugen, dann zumindest die ökonomischen: Die Folgen von Kinderarmut kosten uns alle gesamtwirtschaftlich 17 Milliarden Euro im Jahr.

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