Buchtipp: Sigi Maron
«Bagger reißen ollas nieder / des gfrast und seine gstopftn briada / hobn den ganzn plotz verbaut / des klane paradies versaut». Sigi Maron, sagte Erwin Riess, war der «ungekrönte König der fortschrittlichen Liedermacher». Geboren im Mai 44, aufgewachsen in einer Arbeiter:innensiedlung zwischen Gneixendorf und Stratzing (NÖ), ein sportliches Kind im Klostergymnasium, mit zwölf – zwei Jahre, bevor es die Impfung gab – an Kinderlähmung erkrankt, 1957 angeblich auf Anraten des Arztes mit der ersten Gitarre konfrontiert, sodann Liedermacher. Politisierung laut eigener Aussage durch Wohnungsnot als werdender Vater. Und durch den Prager Frühling. Trotzdem der KP beigetreten. Auf allen linken und moderaten Bühnen gespielt, aber auch bei ÖVP-Jugendfesten und in der Disco in Tulln, oder, mit eigenen Worten: «auf Worldtour from Grammatneusiedl bis Hörbranz». Im Juli 2016 gestorben. Jetzt endlich gibt es ein ordentliches Nachschlagewerk: Redn kaun ma boid. Darin sind Texte seiner Freund:innen und Fans, den Herausgeber:innen Margit Niederhuber und Walter Gröbchen, dem Bruder Otto Maron, der Musikerin Beatrix Neundlinger, dem Musikradiologen Robert Rotifer und und und. Natürlich auch von Musikarbeiter-Kollege Rainer Krispel.
Bisschen viel gemeckert wird in dem Buch – über fehlende Anerkennung, das zu feige Ö3, die zu gemainstreamte Hitparade. Jo, eh. Andererseits, was wäre eine Anthologie über einen Wiener Liedermacher-König ohne Suderei? Zwischen Texten und Fotos (sehr berührend!) Marons Liedtexte: von «Guten Morgen, Herr Architekt» – der Ballade auf den Mann, der Rollstuhlrampen als «Zerstörung des Gesamteindrucks des Hauses» empfand – bis zu Marons traurigem Erfolgshadern «Geh no ned furt» («oida glaub ma es wird wieder guat»). Eine Maron-Archivkiste, ein Maron-Lexikon, ein Maron-Kunstwerk.
Margit Niederhuber, Walter Gröbchen (Hg.):
Redn kaun ma boid. Sigi Maron Lesebuch
Mandelbaum 2024
296 Seiten, 28 Euro