Schafe machen keine MenschenwitzeArtistin

Jon Gnarr kehrt nicht zur Comedy zurück - er hat sie nie verlassen

300 Leute drängten sich in die Bunkerei, um Jon Gnarr zu sehen und mit ihm zu reden. Diesmal kam er als Ex-Bürgermeister der isländischen Hauptstadt Reykjavik, jedoch wiederum auf Einladung der Kulturinitiative Aktionsradius Wien, die ihn schon einmal nach Wien geholt hatte – damals, als er ein Jahr im Amt war.

Foto: Uschi Schreiber

Die Aktivist_innen des Aktionsradius erhoffen sich, dass Gnarrs Methode, wie man mit Humor und ohne die üblichen Methoden der Politik «Politik machen» kann, Nachahmer_innen findet.

Die «Beste Partei», eine Kreation Gnarrs für eine Comedy-Show, reichte 2010 auf Drängen vieler Freundinnen und Freunde wirklich die Kandidatur ein. Jon Gnarr und sein Team feierten einen Wahltriumph, wie er einem Spaßpolitiker noch nie vergönnt war. Aus Ösi-Sicht war der Triumph umso unglaubwürdiger, als Jon Gnarr im Wahlkampf offen als Alt-Punk, als Anarchist und Surrealist auftrat und bei Interviews gar nicht wie ein Bürgermeister herumschwafelte.

Der Anarchist (seine Partei koalierte mit den Sozialdemokrat_innen) sanierte den Stadthaushalt, verlegte den Bürgermeisteramtssitz in ein Proletarierviertel, half mit, dass die Gay Pride Parade zum größten Event Islands wurde (drei Viertel der Reykjaviker_innen nahmen zuletzt an dieser Demo für Toleranz und Liberalität teil) und steigerte seine Beliebtheit so, dass jeder und jede in Island es für möglich hielt, dass Gnarr auch Wahlen auf nationaler Ebene gewinnen würde. Dieser aber hatte von vornherein beschlossen, nicht länger als eine Periode (2010 – 2014) in der Politik zu bleiben: ein kultiviertes Sich-zurück-Nehmen, von dem etwa ein Michael Häupl gar nichts hält (dazu no comment von Jon Gnarr).

Ob er wieder zurückgekehrt zu Comedy, Schauspiel, Kabarett und Show sei, wird Gnarr immer gefragt, auch in Wien. Die Frage nerve ihn schon ein wenig, meint der Ex-Bürgermeister. Er habe die Comedy nie verlassen. Während der vier Jahre im Amt habe er die Rolle des Bürgermeisters gespielt. Comedy sei für ihn Leben – und etwas von den wenigen Dingen, das Menschen von den Tieren unterscheide. «Wir können Witze über Schafe machen, aber die Schafe machen keine Menschenwitze», sage Gnarr. Diesem Vergleich lag vielleicht der Besuch von Jon Gnarr und seiner Frau Joga im Nonseum, Herrenbaumgarten (NÖ) zugrunde. Unter den unsinnigen Erfindungen, die dort ausgestellt sind, fiel Gnarr ein Bett auf, über dem der mit Mühe Einschlafende eine bettbreite Rolle mit gezeichneten Schafen abspulen konnte, die sich quasi anboten, gezählt zu werden.

In Wien stellte er sein Buch «Hören Sie gut zu und wiederholen Sie!!! Wie ich einmal Bürgermeister wurde und die Welt veränderte» vor.