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«Wenn’s ganz oarsch ist, dann leg ich mich irgendwo auf die Bank», sagt ein wohnungsloser Mann. Wenn es überhaupt noch Bänke gibt, die einen Platz zum Schlafen ermöglichen. Der gute Schlaf ist eigentlich selten Thema bei sozialen Fragen, schon gar nicht, wenn es um Obdachlose geht. Schlafen ist nicht wurscht. Schlaf ist eine zentrale Ressource im Leben. Schlafmangel schwächt das Immunsystem, lässt Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigen, reduziert Kraft und Konzentration. Obdachlose schlafen wenig. Einschlafen ist besonders schwer. Schläft man, gibt’s dauernd Unterbrechungen. In der Früh sind alle «gerädert». Studierende der Fachhochschule Wien sind dem Schlaf auf der Straße nachgegangen. Peter Funk, Marie Katschthaler, Anna Meschnigg, Nina Mössler und Nelly Platzer haben Wohnungslose auf Plätzen, in Gassen und Ecken Wiens gefragt.
Die meisten haben große Angst vor dem schutzlosen Schlaf – also ausgeraubt, vertrieben, angestänkert oder bedroht zu werden. Obdachlose müssen während ihrer Schlafphasen weiterhin ein wachendes Auge und Ohr bewahren, um mögliche Gefahr erkennen zu können. «Es ist eh schon wirklich ein Genuss, für eine Stunde mal wirklich die Augen zuzumachen und wirklich zu schlafen, da mein ich jetzt nicht nur so im Halbschlaf zu sein und immer quasi deine Umgebung so bisschen […] im Griff zu haben oder zu beobachten, mal wirklich zu schlafen», erzählt ein Betroffener. Viele ziehen dann auch eher den Tag zum Schlafen vor. Aber irgendwann müssen die Augen zufallen. Es geht nicht, nicht zu schlafen. Es geht auch nicht, nicht zu träumen. Schöne Träume sind selten. Aber «wenn man dann auch kurz vorm Aufwachen was Schönes träumt. Was Schönes! […] Weil das Gegenteil, wenn man dann etwas nicht so Gutes oder Schönes träumt, dann ist das zwar gut geschlafen, aber blöd aufgewacht.»
Klagen gab es in der Befragung über die Situation in Notschlafstellen. Besonders wohnungslose Frauen fühlen sich dort nicht sicher. Männer bemängeln in den Nachtquartieren fehlende Autonomie und eine zu große Nähe anderer. Da bleibt dann wieder nur die unsichere Straße, die zwar ein höheres Maß an subjektiver Selbstbestimmtheit bietet, aber dafür zum einsamen Schlaf zwingt, genauso wie sie ihn bedroht. «Also ich bin am Bahnhof unterwegs fast hauptsächlich und da ist eigentlich fast alles beleuchtet, also, in der Umgebung jetzt. Licht einerseits glaube fürs Schlafen kanns störend sein, vor allem so helles Licht, wie auf dem Bahnhof, ja», sagt ein Interviewter.
Wohnungslose schlafen in der Öffentlichkeit und sie schlafen nicht gut. Ein Streetworker erzählte zudem, dass es durch die Polizei an manchen Orten alle paar Stunden zu Ausweiskontrollen kommt, eigentlich eine Schikane, wie er anfügt. Und oft werden sie dann vertrieben. «Das ganze verlagert sich dann einen Kilometer weiter in irgendeine Himmelsrichtung und das Problem ist dann zwar von dem einen Platz weg, aber hat sich nur verlagert. Man wird auch mit diesem Dreiteilen der Bänke oder mit sonstigen Methoden, das Problem wird dadurch nicht gelöst, du verschiebst es nur. Sonst machst du eigentlich nichts.»