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Musikarbeiter unterwegs … mit Krooked Tooth und recent Freak-Blues

Krooked Tooth heißt ein Wiener Trio, seit 2012 am Werk. Bad News ist der Name ihres aktuellen Albums. Von Rainer Krispel (Text) und Mario Lang (Foto)

«You feel guilty having fun», so der erste Satz, den Emanuel Preuschl im Titelsong des zweiten Albums seiner Band singt. So kann mensch sich ganz leicht einmal fühlen dieser Tage, in denen einem die Welt, im Großen und Kleinen, gewaltig aus der Spur gerutscht vorkommen kann. Ob es allerdings eine richtige Reaktion auf die bad news sein kann, deswegen eine geladene gun bei sich zu tragen, lässt nicht nur den Sänger und Gitarristen skeptisch vokalisieren. In Wrong Man, dem nächsten Lied, geht es um «das Verweigern des Dienstes mit der Waffe». Eine wunderbare Grundhaltung, die mensch sich konsens- und mehrheitsfähig wünscht, wenn, wie jetzt, Irrsinnige die Kontrolle über Polizei und Militär innehaben. Dennoch, Krooked Tooth können auch Leichtigkeit und auszuckende Verspieltheit, so dass die Wortmeldung von Drummer Andreas Dauböck, seit 2016 für den klaren Beat der Band zuständig, nicht ganz ins Leere geht. «Gun reimt sich auf mum.» Am geilen und mehr als stabilen Rhythmus-Fundament werkt Andi mit Bassist Sebastian Müller, seinerseits schon 2012 an den vier Saiten, als die Band noch als Boîte mit Schlagzeugerin startete. «Meine zuverlässige Rhythm-Section», schwärmt Emanuel.

Howlin´ Diddley.

Während Sebastian seine Musikalität in dieser Band fokussiert, sind Emanuel und Andreas Musiker mit Geschichte(n). Emanuel, aus einer Musiker_innenfamilie stammend (Bruder Julian greift gelegentlich für Krooked Tooth zur Trompete, Schwester Karolina macht elektronische Musik und Hip-Hop, etwa als Mc Rhine und in der Formation Wien Diesel), spielte unter anderem schon Ska, Metal und im Gitarren-Quartett Trafo, Dauböck (der zu Protokoll gibt bis vor kurzer Zeit «nie Sonic Youth gehört zu haben») ist nicht nur mit Ash My Love oder Dun Field Three aktiv. Derzeit in Vaterkarenz, verdient er grundsätzlich seinen Lebensunterhalt mit Musik, mitermöglicht durch Musik-Arbeit im Theaterkontext. Am Anfang der Band stand der Wunsch des versierten Instrumentalisten Preuschl, zu singen, es wurden englische Texte, weil sich dabei «die Wächter» nicht so stark in den Fluss der Lyrics einmengen. Dabei war schon beim ersten Hören von Krooked Tooth der Eindruck stark, dass es da um etwas geht, verstärkt durch ein zwingend treibendes Stück wie Gov´ner Cooper, wo gar keine konkreten Worte «gesungen» werden. Sebastian reflektiert mein Bad-Brains-T-Shirt (einmal eine beste Band der Welt!), Andi spricht vom musikalischen Verständnis zwischen ihm und Emanuel, nennt Soul und Funk sowie Howlin´ Wolf (Emanuel) und Bo Diddley (er selbst) als Archetypen, die ihren Weg in die Songs der Band finden. Die aber deswegen nicht alt klingt, weil dies eben nicht 1:1 passiert, es geht um eine musikalische Grammatik, mit der jetzt (!) deutlich gesprochen wird. Die Aufnahme bei und mit Chris Janka, deren konzentrierte, aber elastische «Macht» tut ein Übriges.

Bitte mach weniger!

Preuschl präzisiert, dass es Wolfs Gitarrist Hubert Sumlin («sein furtrockener Amp-Sound») war und ist, der ihn fasziniert. Bad News klingt (nicht nur) im Detail anders als das 2015 erschienene Debüt It´s not my fault. Auf meinem Notizblock habe ich «Freak-Blues» notiert und meine damit eine vage Verwandtschaft zu Captain Beefheart, Waits oder gar Zappa. Eine Musik, die womöglich ein wenig wie aus der Zeit gefallen wirkt, deren Ausübende es nicht zuletzt um das vielbeschworene «Wenig(er)spielen» geht, die aber dabei für mich viel relevanter, dringender, abenteuerlicher als manches, was sich mir als zeitgemäß aufdrängt, klingt. Wo sich solche Musik ereignet, ereignen kann, ist eine Frage. Kurz nach unserem Gespräch gastiert das Trio bei einer Veranstaltung mit dem Namen Fish ´n´ Blues in München. Eine Band wie Krooked Tooth – drei Väter, nebenbei – «kämpft» natürlich nahezu um den Platz, die Zeit und den (medialen) Raum, diese Musik zu machen, darum, die eigene Kreativität auf so einem hohen Niveau auszuleben, und, vielleicht, ein Publikum zu finden. Wahrscheinlich ist das schon längst der vorrangige politische Akt, den Musiker_innen heute setzen und setzen können, sich der Frage nach der unmittelbaren materiellen Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns offensiv zu verschließen, oder dem Schielen auf das Erfolgsmodell, und dennoch darauf zu beharren, dass es (wertvolle) Arbeit ist, die sie verrichten. Emanuel Preuschl reicht in diesem Zusammenhang unserem Gespräch ein E-Mail nach, wo er neben einer recht nüchternen Bestandsaufnahme des «Eventismus» als sportaffiner Mensch eine Brücke dorthin schlägt. «Skateboard fahren war auch noch freaky», erinnert er sich unsentimental. Vielleicht geht es genau darum, tatsächlich freaky weiter zu skaten. Oder so Musik zu machen.

Krooked Tooth: Bad News (Pumpkin Records)

www.krookedtooth.com

Live: 14. 2. Arena Beisl