Schöner Wohnen?tun & lassen

Immo Aktuell

Seit Jahren steigen die Wohnungsmieten in Wien stark an. Warum das so ist und was getan werden könnte, hat Ruth ­Weismann bei ­Lukas Tockner, Referent für Wohnpolitik bei der Arbeiterkammer Wien (AK), nachgefragt. ­Illustration: Much

Was müsste Ihrer Meinung nach in Wien passieren, damit Wohnen für alle leistbar wird?

Kurz gesagt gibt es zwei große Stoßrichtungen: Es gibt Wohnungen, die da sind, aber zu teuer. Das sollte man über das Mietrechtsgesetz angehen. Und dann muss es mehr Wohnungen geben, die man möglichst günstig baut, also geförderter Wohnbau. Damit könnte man auch Preise im privaten Bereich drücken. Potenziell auch, wenn man das mit Mietrecht nicht schafft.
Wie würden günstig gebaute Wohnungen auch im privaten Bereich den Preis drücken?
Über den Angebots-Effekt. In Wien, und auch in anderen wachsenden Ballungszentren, gibt es eine starke Nachfrage. Unter anderem deswegen sind die Preise so stark gestiegen. In so einer Situation geht das natürlich nicht schnell. Dass man gefördert baut, und zwei Jahre später ist so viel Angebot da, dass der private Markt gedrückt wird, das wird es nicht geben. Aber längerfristig gedacht gibt es diese Möglichkeit.

Aus welchen Gründen sind die Mietpreise in Wien noch gestiegen?

Ein Grund ist das starke Bevölkerungswachstum, durch innerösterreichischen, aber auch innereuropäischen Zuzug. Der zweite Grund ist die sogenannte Flucht ins Betongold, also die Vermögensumschichtung nach dem Motto «Grundbuch statt Sparbuch», die seit einigen Jahren in sehr hohem Ausmaß vonstattengeht. Das ist eine Folgeerscheinung der Finanzkrise und der Niedrigzinspolitik der Notenbank. Dass die Leute, die Geld zum Veranlagen haben, den sicheren Hafen der Immobilie ansteuern, treibt natürlich auch die Preise – die Kaufpreise, aber in weitere Folge auch die Mietpreise. Denn wenn jemand eine teure Eigentumswohnung kauft, privat, oder auch ein Immo-Entwickler, der in einer Immobilie Mietwohnungen errichtet, will er natürlich hohe Mieten haben.
Der dritte Grund ist, dass das Mietrecht im privaten Bereich zu schwammig ist.

Inwiefern ist es schwammig?

Die Mietenbegrenzungen im Altbau funktionieren nicht gut. Es ist zum Beispiel nicht immer klar, wann es Lagezuschlag gibt oder nicht. Auch andere Zu- und Abschläge zum Richtwert sind im Gesetz nicht klar geregelt und darum in der Praxis schwer handhabbar. Für eine Person, die eine Wohnung anmietet, ist es schwer zu erkennen, ob sie zu viel bezahlt. Und wenn es wahrscheinlich ist, dass sie zu viel bezahlt, kann bei der Schlichtungsstelle der Sachverständige noch immer sagen: Da ist Lagezuschlag und darum ist es nicht zu viel. Das müsste besser geregelt werden.

Wie könnte eine bessere Regelung aussehen?

Wir von der AK fordern, dass es im Gesetz einen Zu- und Abschlagskatalog gibt, damit man Orientierungsgrößen hat. Nicht etwas wie den Richtwert, sondern über den Ausgangswert. Dann sagt man zum Beispiel konkret: Für einen Balkon oder ein zweites WC gibt es plus drei Prozent – ich sage jetzt nur fiktive Zahlen –, ein fehlendes Kellerabteil ist minus drei Prozent. Wenn das im Gesetz klar drinnen steht und klar ist, dass es im Mietvertrag detailliert angegeben werden muss, dann wäre das besser praktikabel. Derzeit herrscht Unklarheit darüber, wofür in welcher Höhe Zuschläge gelten können oder nicht. Unsere Forderung ist außerdem, dass das Preisbegrenzungssystem ausgeweitet wird. Als Altbau zum Beispiel gilt nur, was vor 1945 gebaut wurde, danach nicht. Da sich ein Neubau amortisieren muss, sollte es eine gewisse Zeit für die Amortisierung geben, aber danach soll es ein Preisbegrenzungssystem geben.

Mehr zum Thema Wohnen gibt’s am Arbeit & Wirtschaft Blog, awblog.at