Schwierige Strukturen für Freie Medientun & lassen

Wie offen ist der Zugang zu Meinungsbildungsprozessen?

Hausjell.jpgDer Universitätsprofessor Friedrich Hausjell verrät im Augustin-Gespräch, warum Freie Medien Ausbildungsstätten für den Nachwuchsjournalismus sind und wieso MigrantInnen in österreichischen Redaktionen noch zu den Randerscheinungen gehören.

Ein Medium in Österreich zu betreiben, ist auf der einen Seite einfach, auf der anderen wiederum gar nicht so. Einfach für den Privaten, der das Geld für Rundfunklizenzen oder die Druck- und Redaktionskosten hat. Schwierig für den, der es sich nicht leisten kann, nicht über die entsprechende Bildung verfügt oder das Pech hat, Migrant zu sein.

Deswegen sei es umso bedeutender, dass auch offensichtlich Benachteiligte Zugang zum Meinungsbildungsprozess erhalten würden. Das meint Friedrich Hausjell vom Wiener Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Niemand wird als Journalist oder Journalistin geboren, betont dieser und fügt hinzu, dass die Freien Medien eine nicht unwesentliche Ausbildungsstätte für den Nachwuchsjournalismus sind.

Ein Eintritt in den Journalismus ist nicht unbedingt leicht, vor allem nicht in einem kleinen Markt wie Österreich. Hausjell ist demnach von der positiven Nebenwirkung Freier Medien angetan, dass diese vor allem dem Nachwuchs die Möglichkeit geben, journalistische Fähigkeiten zu entwickeln und zu optimieren. Aber es ist auch so, dass eine gewisse Professionalität immer nur schwer erreichbar ist und meist mangele es an einer ausreichenden Bezahlung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dann passiert es oft, dass sich Betreiber der Freien die Frage stellen, wie lange sie sich das Kernteam ökonomisch leisten können. Hausjell gibt zu bedenken, dass so keine Redaktion auf Dauer bestehen könne, da eine finanzielle Absicherung für ein Medium und dessen publizistische Qualität besonders wichtig sei.

Zu wenige migrantische JournalistInnen

Wieso ist die Frage der Herkunft für den Journalismus so wichtig? Und vor allem: Wieso für die Massenmedien in einer Demokratie? Es sei vor allem so, meint Hausjell, dass sich ein großer Teil der Migranten nicht repräsentiert sieht in den österreichischen Medien. Er verweist auf Persönlichkeiten wie Paul Lendvai, der eben wegen seines so genannten Migrationshintergrundes eine Bereicherung war und ist.

Ein österreichischer Kommunikationswissenschaftler, der in einem Interview kein Wort zum ORF verliert, ist keiner. So deutet Hausjell die Entwicklungen im Öffentlich-Rechtlichten als durchaus positiv. Er spricht zwar auch von der Sendung Heimat, fremde Heimat vor allem interessieren ihn jedoch die redaktionellen Zusammensetzungen innerhalb des ORF. Er finde es gut, dass es mittlerweile auch Migrantinnen und Migranten bei Sendungen wie Thema oder Report gibt. Trotzdem, das sind aber alles erste Schritte, fügt er noch hinzu.

Dennoch stellt sich der Universitätsprofessor selbst die rhetorische Frage: Warum sind Migrantinnen im Journalismusberuf derzeit in Österreich so wenig vertreten? Da gebe es viele Argumente, meint dieser. Eines wird aber seiner Ansicht nach besonders gerne diskutiert. Immer wieder, so Hausjell, werde versucht, das Beherrschen der deutschen Sprache vorauszusetzen. Dabei werde so getan, als müsse diese perfekt und vor allem akzentfrei sein. Doch um gut recherchieren zu können, muss ich nicht akzentfrei sprechen können. Und wieder verweist er auf den bekannten Journalisten Lendvai, dessen Akzent seine Arbeit eben auch charakterisiert.

Denn betrachte man die demographische Konstitution Österreichs mit dem Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund, dann müssten diese Redaktionen deutlich anders ausschaun. Vor allem in Wien, wo der Anteil der Migrantinnen und Migranten ungefähr ein Viertel der Bevölkerung ausmacht, ist der Unterschied deutlich erkennbar. Er will aber noch weiter gehen und erklärt, dass die Verzerrung im Mediensystem auch das Geschlecht betreffe. Hausjell: Wir sind da ein gutes Stück besser geworden. Und weil das auch über drei Jahrzehnte mehr oder weniger heftig diskutiert worden ist, hat sich hier auch ein Prozess deutlich in Richtung Angleichung der Geschlechterverhältnisse eingestellt. Obwohl das in den Top-Positionen immer noch sehr anders ausschaut und wir schon jubilieren, wenn die erste Tageszeitung eine Chefredakteurin hat, wie das beim Standard passiert ist. Alle anderen haben Männer.

Ein Punkt liegt ihm ebenso am Herzen, nämlich die Finanzierungsgrundlage der Freien Medien in Österreich. Es ist aufgrund der Finanzierungssituation so, dass diese von der öffentlichen Hand abhängig sind, meist über direkte Förderungen. Der Augustin nimmt zwar keine solche Förderung entgegen, finanziert sich aber zum großen Teil durch den Vertrieb. Radio Orange und Okto TV jedoch sind auf diese angewiesen. Somit ist es nach Hausjell strukturell schwieriger, wenn sich der Förderer in geographischer Nähe befindet und bei Verärgerungen oder negativer Berichterstattung einfach die finanzielle Unterstützung kürzt.

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