Das Wettbewerbsdenken macht selbst vor hohen Temperaturen, wie sie etwa in einer Sauna erreicht werden, nicht halt. Christa Neubauer übers Schwitzen aus freien Stücken anlässlich der Anfang August stattfindenden Austrian Masters im Show-Aufguss.
Meine Sauna-Erfahrungen beschränken sich auf die Frauensauna des Favoritner Amalienbades im vorigen Jahrtausend mit seinen despotischen Saunameisterinnen, die einen hysterischen Anfall kriegten, wenn eine der teilnehmenden Damen ein Mittelchen aus einem kleinen Flascherl ins Aufgussküberl tröpfeln wollte.
Nicht zu vergleichen mit den heutigen Sauna-Landschaften, in denen die dort beschäftigten Saunawart_innen und Saunameister_innen geführte Wohlfühl- oder Show-Aufgüsse durchführen. So gibt es im Linzer Parkbad regelmäßig Spezial-Aufgüsse mit Salz-, Laist- oder Honig-Peelings, Entspannungsreisen oder mit speziellen Wedeltechniken. Wedeln nicht wie Schifahren, sondern wie Handtuchschwingen, in Wien «wacheln» genannt.
Manche Spezialist_innen erweitern ihr Angebot noch um Musik oder Lichteffekte. Der Gipfel der Darbietung wird erreicht, wenn im Laufe eines Aufgusses mit Kostüm und Choreografie eine Geschichte erzählt wird. Wer sich zutraut, mit einer solchen Show das Publikum zu verzaubern, kann bei den ÖSF-Aufguss-Masters antreten, um sich damit für die Weltmeisterschaft im Sauna-Aufguss zu qualifizieren.
Diese wird heuer, erzählt Günter Weisgram, Geschäftsführer des Österreichischen Sauna Forums und Juror bei der WM-Qualifikation, im September in den niederländischen Thermen Berendonck stattfinden. Die Qualifyings können von geneigten Gästen am Wochenende vom 2. bis 4. August in der niederösterreichischen Therme Laa miterlebt werden.
Aufholbedarf beim Show-Aufguss. An diesem Wochenende treten Einzelkämpfer_innen und Teams mit österreichischer Staatsbürgerschaft an. Außerdem Menschen aus anderen Ländern, wenn in deren Heimat kein Wettbewerb abgehalten wird. Insgesamt gesehen sind die Teilnehmer_innen aus dem Osten weit stärker. «Im klassischen Aufguss ist Österreich top», meint Weisgram, «aber das Thema Show-Aufguss haben wir ein bisschen verschlafen, da gibt es noch Aufholbedarf.»
Was darf man sich unter dem Begriff «Geschichte» vorstellen? «Letztes Jahr», erinnert sich Günter Weisgram, «hat ein Teilnehmer Mozarts Leben und Schaffen dargestellt und ist damit Zweiter geworden. Ich habe auch einmal eine Rennfahrer-Story erlebt, die vom Go-Kart-Fahren als Kind bis zum ersten gewonnenen Rennen dargestellt wurde. Oder an eine Nonne, die vom Teufel verführt wurde und mit ihm tanzen gegangen ist … Außerdem sind manche Wedeltechniken spektakulär. Einmal wurde ein Handtuch wie ein Bumerang geworfen und wieder gefangen!»
Kein Schwitz-Marathon. Bewertet werden die Darbietungen von mehreren eigens geschulten Juroren aus der Sauna-Branche. Schließlich ist die Aufguss-WM, 2014 gegründet, eine Interessengemeinschaft vieler Sauna-Betriebe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, internationale Aufguss-Meisterschaften auf hohem Niveau für das weltweite Publikum zu organisieren und vor allem weiterzuentwickeln. Preisgelder gibt es für die drei Erstplatzierten. Es kann vom Veranstalter auch ein Publikumspreis ausgelobt werden.
Mit einer Tageskarte der Therme Laa an besagtem Wochenende – oder als Hotelgast – kann man zum Publikum werden. Anmeldungen für drei bis vier Aufgüsse pro Tag werden gerne entgegengenommen. Dass es für die Gäste kein Schwitz-Marathon wird, ist den Veranstaltern wichtig, schließlich soll der gesundheitliche Aspekt des Saunierens im Vordergrund bleiben.
Die Interessierten werden möglichst gleichmäßig auf die einzelnen Shows aufgeteilt; im Durchschnitt können jeweils 35 bis 45 Personen teilnehmen. Für österreichische Verhältnisse klingt das viel. In Deutschland und in den Niederlanden gibt es Anlagen, die wie kleine Arenen mit Sitzreihen aufgebaut sind und rund 200 Personen fassen. Die Anlage, die derzeit in Polen für die WM 2020 gebaut wird, soll etwa 300 Menschen Platz bieten.
Für Sauna-Anbieter und Juror Weisgram wird das erste August-Wochenende jedenfalls heiß. «Siebzehn Aufgüsse innerhalb von drei Tagen waren es letztes Jahr. Und alle sehr spannend!»
Gegenstand der Aufguss-Weltmeisterschaften ist der sogenannte «Show-Aufguss». Dabei handelt es sich um einen meist durch Musik, Animation, Kostüme, Choreographie und sonstige Effekte ergänzten, klassischen Sauna-Aufguss. Die klassischen Elemente Wasser/Eis, Handtuch/Wedeltechnik, Düfte stehen dabei im Mittelpunkt, werden aber geschickt durch weitere individuelle, kreative Elemente ergänzt, um dem Sauna-Gast ein besonderes Schwitz-Erlebnis zu verschaffen. Jede Show muss im Zeitrahmen eines klassischen Aufgusses untergebracht werden und darf daher zwischen zehn und maximal 15 Minuten dauern. Bewertet werden insgesamt sieben Kriterien der Darbietung.