Selbstorganisiert und spaßorientiertvorstadt

1. Internationale Queer-Feministische FußBALLade

Die Ballerinas laden zum Frauen*Hobbyfußballturnier. Frauen, Lesben, Transgender und intersexuelle Personen werden am 22. September im Prater dem runden Leder nachjagen. Wir haben Katharina von den Ballerinas getroffen, um mehr darüber zu erfahren.

Die Frage ist ja nicht, wieso ihr das Turnier macht, sondern eher, wieso erst 2012?

Das liegt daran, dass wir jetzt seit drei Jahren in etwa denselben Kern an Spielerinnen haben. Diese Gruppe hat sich überlegt, das zu machen. Die Ballerinas gibt es eigentlich schon seit dem Jahr 2000. Und professionellen Frauenfußball-Spielbetrieb gibt es schon seit einiger Zeit. Das Neue an unserem Turnier ist, dass es in den Hobby-Bereich geht. Alle Teams spielen ohne Trainer oder Trainerin. Wir haben alle selbstorganisierte Strukturen. Und dazu natürlich der dezidiert queer-feministische Fokus!

Habt ihr andernorts schon an ähnlichen Turnieren teilgenommen und euch dort zu der FußBALLade inspirieren lassen?

Bis jetzt waren wir nur bei Turnieren, bei denen zwar teilweise Hobbyteams angetreten sind, die aber meist von einer Person trainiert oder betreut worden sind. Außer vielleicht beim Ute-Bock-Cup, wo ziemlich viele zusammengewürfelte, selbstorganisierte Teams waren. Aber ein Turnier, bei dem der Fokus genau darauf auf die Selbstorganisation gelegt wurde, gab es meines Wissens noch nicht. Und auch die queer-feministische Herangehensweise, die explizit im Titel und der Turnierbeschreibung formuliert ist, stellt in dieser Form unseren Recherchen bzw. Erfahrungen nach ein Novum dar.

Das Turnier ist Teil des queer-feministischen Triathlons (19.23.9.), der außerdem noch aus dem Musikfestival rampenfiber und der FrauenSommerUni besteht. Ist es möglich, an allen Programmpunkten teilzunehmen, oder gibt es da Überschneidungen, da alles am selben Wochenende stattfindet?

Ja, es überschneidet sich zum Teil. Wir versuchen aber, es örtlich etwas zu verschränken. So findet zum Beispiel unsere Party im Roten Bogen statt, der bei den Gürtelbogen unweit des rhiz ist, wo auch rampenfiber gastiert. Alle drei Projekte haben eine Bettenbörse. Und es gibt gemeinsame Medienaussendungen. Wir merken, dass queer-feministischen Projekten oftmals wenig öffentliche Gelder zur Verfügung stehen. Darauf wollen wir gemeinsam hinweisen. Trotzdem ist es allen drei Projekten ein Anliegen, die Veranstaltungspreise so sozial verträglich wie möglich zu gestalten!

Gibt es dann auch die für Hobbyturniere obligaten Preise, wie etwa ein Spanferkel?

Wir werden eine Art alternative Siegerinnenehrung haben. Letztlich kommt es nicht darauf an, welchen Rang man erreicht. Es wird jedes Team irgendetwas bekommen. Der Spaß steht aber immer im Vordergrund. Das ist eben der Unterschied zur professionellen Ebene.

Ihr spielt außerhalb jeglicher Vereinsstruktur. Hat das einen speziellen Grund?

Wir können dadurch selbst entscheiden, wenn wir gerade Neues an Taktik oder Tricks lernen wollen. Damit ist es nicht so von außen vorgegeben, und es entsteht auch nicht so leicht ein Leistungsdruck, denn wir wollen gleichzeitig auch sehr niederschwellig bleiben. So kommen immer wieder Frauen zu uns, die noch nie in ihrem Leben Fußball gespielt haben. Ich denke, die trauen sich eher zu kommen, wenn sie wissen: Ach, da ist keine Person, die Anweisungen gibt, sondern ich kann einfach mal mitspielen.

Ihr setzt euch für Frauenfußball ein, wollt ihn öffentlich sichtbarer machen. Letztes Jahr war die WM in Deutschland, und bereits im Vorfeld haben sich deutsche Nationalspielerinnen für den «Playboy» ausgezogen. Gilt euer Einsatz auch diesen Spielerinnen und der Art, wie sie für Öffentlichkeit sorgen wollen?

Das ist jetzt natürlich eine provokative Frage. Wie man sich vielleicht denken kann, verfolgen wir eher andere Strategien. Das heißt jetzt nicht, dass wir uns Spiele mit denen, die sich ausgezogen haben, nicht mehr ansehen würden. 

Wie kam es zu dem Slogan «Birgit Prinz statt Martin Graf»?

Das hat einen konkreten Hintergrund. Martin Graf ist Präsident von Hellas Kagran. Es wurden drei Spielerinnen vom Verein suspendiert, weil sie öffentlich dezidiert Kritik an Martin Graf geäußert haben. Im Zuge dessen waren wir auf dem Hellas-Platz, um dagegen zu protestieren. Und bei einem Anti-Rassismus-Turnier, das in den Hakoah-Räumlichkeiten stattfand und bei dem auch die besagten drei Spielerinnen mitspielten, haben wir dann unter anderem T-Shirts mit diesem Spruch getragen.

In einer Aussendung meint ihr, dass Fußball besonders in EURO-Zeiten nationalistisch besetzt wird was man nicht abstreiten kann. Bei der FußBALLade kommen Teams aus verschiedenen Ländern. Wie kann man verhindern, dass beim Turnier nationalistische Töne angeschlagen werden? Wo setzt ihr die Grenze?

Positiv anfeuern ohne Bezug auf die Nationalität ist ja okay. Es geht eher darum, dass andere Teams nicht aufgrund ihrer Nationalität hochgehalten oder ausgebuht werden. Die Nationen sollen nicht gegeneinander ausgespielt werden, oder noch besser, das sollte schlichtweg kein relevantes Kriterium sein.

Wie sieht die Situation für Mädchen und Frauen, die heute in Österreich Fußball spielen wollen, aus?

Es braucht mehr finanzielle Förderung und Zugangsmöglichkeiten zu den Plätzen. Da ist es für Frauen und Mädchen immer noch viel schwieriger, zu einem angemessenen Platz zum Spielen zu kommen. Der ÖFB könnte in diese Richtung durchaus etwas mehr investieren. Und konkret zu Wien fällt mir auch folgendes Beispiel ein: Es fällt auf, dass sich in den Käfigen die Burschen im Laufe der Jahre die Vorherrschaft erkämpft haben. Für die Mädels ist es oft schwierig, da durchzubrechen. Das ist eine festgefahrene Struktur, wo man mit etwas mehr Kommunikation vielleicht was bewegen könnte.

Die Sichtbarmachung und Anerkennung von Lesben und Schwulen im Sportbereich ist ein weiteres Anliegen von euch. Die Diskussion darüber, dass sich prominente homosexuelle Fußballer_innen outen sollen, um das vor allem im männlichen Profibetrieb noch verbreitete Tabu zu brechen, schwelt seit langem. Gleichzeitig wird befürchtet, dass die ersten bekennenden schwulen Fußballer in den Stadien durch eine homophobe Hölle gehen würden. Wie steht ihr dazu?

Zunächst ist zu sagen, dass sich weniger bekannte Fußballer_innen sowie auch ein paar prominente Fußballerinnen bereits geoutet haben, z. B. Ursula Holl und Nadine Angerer vom deutschen Nationalteam. Konkret zur Frage: Im Idealfall würden sich alle gleichzeitig outen, was aber nicht passieren wird. Es ist auch problematisch zu sagen: Jetzt outet euch endlich! Gerade im Profifußball steckt ja auch ein irrsinniger Druck dahinter. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und durch den Gesetzgeber geschaffenen Voraussetzungen müssten passen, um ein Outing zu erleichtern. Es sollte auch keine Trainer_innen geben, die sagen: In meinem Team spielen definitiv keine Schwulen oder Lesben! Wenn es im Gegensatz dazu positive Äußerungen von dieser Seite gäbe, könnten die Spieler_innen nachziehen.

Wir danken für das Gespräch.