Musikarbeiter unterwegs … Loquai Park, China, Mexiko
Im September sind es 18 Jahre, dass die DeeCracks Bass und Gitarre tiefer hängen, die Snare öfter pro Minute schlagen und ihre geilen Songs mit maximaler Energie spielen. Hey Ho!
TEXT: RAINER KRISPEL
FOTO: MARIO LANG
Wenn mich dereinst die Nehammer-Brigaden aus dem Schlaf reißen, um mich zu deportieren, weil ich für Kurz, Kogler und ihr Kabinett nichts als Verachtung und Spott vorzuweisen habe, vor allem auch für Beißer-Karli, verblüffen sie mich mit dem Zugeständnis an ein mitzunehmendes kulturelles Erinnerungsstück – das letzte grüne Verdienst? Wie auch immer, die Wahl fiele wohl auf It’s Alive von den Ramones. Jetzt soll mensch zwar keine dystopischen Scherze mit dem nackten Entsetzen einer autoritären, moralisch derangierten, inferioren und offen anti-parlamentarischen Regierung treiben, vor allem aber soll mensch dieses am 31. 12. 1977 im Londoner Rainbow eingespielte Manifest NIE geringschätzen! (Songtitel of choice für Türkis-Grün: Here Today, Gone Tomorrow)
We Can’t Help It.
Die DeeCracks Matt (Stimme, Gitarre), Mike (Drums, Stimme) und Paul (Bass, Stimme) mögen den Ausritt verzeihen. Mit den Ramones ist aber ein Kontext hergestellt, der ihrem grundpunkigen, radikal beseelten und beherzten Tun verortend gerecht wird. Sie als
«Ramones-Core» zu bezeichnen, wie unlängst im deutschen Fachmagazin Ox geschehen, muss nicht sein, sind die DeeCracks doch vor allem anderen – die DeeCracks! Das feierten sie im September 2019 mit dem Sweet Sixteen Fest in der Wiener Arena mit vielen befreundeten Bands und likeminded Punx aus, unter anderem, China (!), England und den USA. War danach zwar eine Live-Pause geplant, wurde diese doch durch die bekannten unguten Umstände weit länger als gedacht. Immerhin hatte das Trio mit dem jüngsten Album Serious Issues aber etwas zu tun. Das ist, wie DeeCracks live, eine aufputschende akustische Lebensenergie-Infusion. Dem eröffnenden
Desert Storm Surf folgen 15 weitere Freudenspender, mit eingängigen Riffs und Refrains galore, und nicht nur mit dem abschließenden Don’t Turn Your Heart Off hat Matt mit seiner wunderbar heiseren Stimme durchaus, im unprätentiösen Punkerstyle, was zu sagen: «Just Don’t Give In / Don’t Turn Your Heart Off».
Go, Cats go!
Matt und Mike sind seit jeher der Kern der Band, Basser Paul ist mittlerweile seit gut 7 Jahren voll mit dabei. «Wir waren schon so viel unterwegs, wir verpassen ja nichts, weil wir eh schon so viel gemacht haben», sagt Drummer Mike im Park bei Dosenbier und halbwegs einem Frühlingswetter. «Das war am Anfang sogar relativ angenehm», rekapituliert Matt den Anfang der Ära Lockdown, «jetzt kribbelt’s uns natürlich schon wieder in den Fingern.» Die beiden DeeCracks schöpfen dabei aus einem Erfahrungsschatz, der aus der Haltung, zu tun, was zu tun geht, weil kein Mensch weiß, wann so eine Band wieder vorbei ist, bei bis zu 70 gespielten Shows im Jahr und
einer an Einträgen reichen Diskografie vieles birgt. Zuletzt im Jahr des 16. Jubiläums-Touren in Russland und Kanada, dazu eine Europa-Runde mit C. J. Ramone, dem letzten Bassisten der Punk Fab Four aus Queens, New York. Zur Veröffentlichung von Serious Issues war natürlich im Frühling 2021 einiges geplant. «Die erste Show wäre am 23. März in Bergamo gewesen, mit Richie Ramone.» Ebendort wurde im Juli 19 eine parallel zum neuen Studio-Album veröffentlichte Live At Punk Rock Raduno-LP aufgenommen, «wenn wir das gewusst hätten, hätten wir besser gespielt». Dazu noch eine 7″, bei den DeeCracks geht also, auch wenn live nichts geht, einiges. Livestreams sind nicht ihres. «Es lebt doch vom Publikum, wir nähren uns ja an dessen Energie und es an unserer (…) das ist ja nicht wie ins Kino gehen.» Sind sie sonst «der Zirkus, der von Stadt zu Stadt zieht», machten sie jetzt zum Album «mehr Interviews, mehr Podcasts, mehr Postings und irgendeinen Blödsinn, den man halt machen kann. Das ist nicht das Coolste, aber es ist immerhin noch ein Weg, dass wir a bissl a Gaudi ham mit die Leit». Wobei sie realistisch für den Herbst damit rechnen, sich wieder live zu manifestieren. «We wish there were 100 tourdates here … but we all gotta be patient and stay safe!», steht auf ihrer Homepage zu lesen. Wenn sie dann wieder spielen – unbedingt vorbeischau’n und die wunderbaren Geschichten von Konzerten in China (es gibt eine chinesische «Best of»-CD der Band!), Japan und Mexiko erzählen lassen!
DeeCracks: Serious Issues
(Pirates Press Records)
www.deecracks.com
www.deecracks.bandcamp.com
