Sigmund Freud herzhaft gegen Bettelverbot!Artistin

"Die Frage der Laienanalyse"

In unserem Vaterlande herrscht von alters her ein wahrer furor prohibendi, eine Neigung zum Bevormunden, Eingreifen und Verbieten, die, wie wir alle wissen, nicht gerade gute Früchte getragen hat. Es scheint, dass es im neuen, republikanischen Österreich noch nicht viel anders geworden ist. (…) Ich meine, dass ein Überfluss von Verordnungen und Verboten der Autorität des Gesetzes schadet. Man kann beobachten: wo nur wenige Verbote bestehen, da werden sie sorgfältig eingehalten; wo man auf Schritt und Tritt von Verboten begleitet wird, da fühlt man förmlich die Versuchung, sich über sie hinwegzusetzen. Ferner, man ist noch kein Anarchist, wenn man bereit ist einzusehen, dass Gesetze und Verordnungen nach ihrer Herkunft nicht auf den Charakter der Heiligkeit und Unverletzlichkeit Anspruch haben können, dass sie oft inhaltlich unzulänglich und für unser Rechtsgefühl verletzend sind oder nach einiger Zeit so werden, und dass es bei der Schwerfälligkeit der die Gesellschaft leitenden Personen oft kein anderes Mittel zur Korrektur solch unzweckmäßiger Gesetze gibt, als sie herzhaft zu übertreten.

Aus dem 1926 verfassten Text Sigmund Freuds Die Frage der Laienanalyse

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