Solidarität muss Praxis werdenAllgemein

Foto: © Nina Strasser

Augustiner Hans-Georg Eberl

Ich bin seit letztem Jahr beim Augustin als Deutschkurslehrer. Ich gebe einmal die Woche für Augustin-Verkäufer:innen ­einen kleinen Deutschkurs. Das ist auch das, was ich sonst beruflich mache. Ich kenne den ­Augustin schon viel länger, also eigentlich schon seit Ende der 90er-Jahre, als ich schon öfters in Wien war, bevor ich dann 2011 hierhergezogen bin. Ich schätze den Augustin als ein Projekt, wo es um konkrete, solidarische Unterstützung für Leute geht, die gesellschaftlich präkarisiert werden. Seien es Wohnungslose, Geflüchtete, Menschen, die am Existenzminimum leben. Es geht auch um den respektvollen und gleichberechtigten Umgang mit ihnen. Die Leute werden mit dem, was sie machen und wie sie leben, ernst genommen. Mir gefällt die Kombi, dass es auch ein inhaltlich anspruchsvolles Zeitungsprojekt ist, sei es politisch oder kulturell. Die solidarische Positionierung gegen gesellschaftlichen Ausschluss, gegen soziale Ungerechtigkeit – «Wer ist reich und wer wird arm gemacht?» – gegen rassistische Ausschlüsse oder gegen Diskriminierung von Leuten, die auf Betteln oder Zeitungsverkauf angewiesen sind, unterstütze ich. Der Augustin ist auch ein Blick auf die Stadt, auf das Schöne, jenseits von kommerziell Verwertbarem.
Ein wichtiger Platz für mich in Wien ist auf jeden Fall in den Bewegungen, die sich für die Perspektive eines solidarischen Zusammenlebens ohne Rassismus, ohne Repression und ohne kapitalistische Ausbeutung einsetzen. Konkret betätige ich mich in einer Initiative gegen Abschiebungen und bin immer gerne dabei, wenn es darum geht, gegen Abschiebungen und Faschismus auf die Straße zu gehen. Ich bin in transnationalen Netzwerken (afrique-europe-interact und bei Alarm Phone Sahara) aktiv, die sich für globale Bewegungsfreiheit einsetzen und gegen ein tödliches Grenzregime sind. Es geht darum, dass die Welt ganz anders sein müsste, als sie es jetzt ist.
Zum einen ist Wien eine positiv herausstechende Insel, zumindest ein Stück weit, aber wenn man genauer hinsieht, geht es den meisten Leuten auch hier nicht so super.
Politisch wünsche ich mir eine ­Revolution für eine Welt ohne Ausbeutung und ­Kapitalismus und ein gutes Leben für alle. Persönlich wünsche ich mir mehr Zeit für die schönen ­Dinge im Leben, wie Reisen, Musik, meine Frau und meine Kinder, meine Freund:innen oder an der Alten Donau feiern oder schwimmen gehen.

PROTOKOLL: MATTHIAS JORDAN

FOTO: NINA STRASSER

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