Solitaritäts-Essen im Salon Uhudlatun & lassen

Wo die Verlierer gewinnen

Gesellschaftliche Umverteilung von oben nach unten, von reich nach arm, wäre gefragt. Noch nie in den vergangenen Jahrzehnten tat eine Regierung so leidenschaftlich das Gegenteil, wie die aktuelle blauschwarze. Dass Umverteilung auch in der privaten, selbstgestaltbaren Lebenswelt sinnvoll sein kann, versucht AUGUSTIN-Mitbegründer und Uhudla-Verlagschef Max Wachter zu beweisen. In seinem Literatursalon Uhudla in der Phorusgasse findet jeden Donnerstag im Februar ein „Solidaritätsessen“ statt: Jeweils zwölf Arbeitsplatzbesitzer und „Gutsituierte“ laden zwölf Habenichtse zum Essen ein.Im Salon herrscht von Beginn an gesellige Atmosphäre. Die ersten, die erschienen sind, sind die Habenichtse. Diesmal lauter AUGUSTIN-VerkäuferInnen. Dann trudeln nach und nach auch die SpenderInnen ein. Das Potlatch nimmt seinen Lauf. Unter den Indianern der amerikanischen Nordwestküste war das Potlatch ein Reichtumvernichtungs- und Geschenksverteilungsfest. Ein Stamm lud den Nachbarstamm ein und überhäufte ihn exzessiv mit Geschenken. Die Gastgeber waren nach so einem Fest ärmer als vorher, aber sie hatten durch ihre Großzügigkeit an Renommee gewonnen.

Beim Max wird niemand von den SpenderInnen arm. Die 250 Schilling, die sie hergeben müssen, um beim Solidaritätsessen dabei zu sein, hinterlassen keine Lücke. Die Großzügigkeit ist eher symbolisch. Aber für die Beschenkten ist der Nutzen durchaus konkret. So ein Abendmahl könnten sie sich sonst nicht oft leisten. Zubereitet werden die Speisen von einer befreundeten bulgarischen Wirtin. Die Auswahl ist groß: verschiedene Pizzen, Wiener Schnitzel, Hühnerschnitzel, Cordon bleu, Schweinsbraten, Lammbraten mit Reis, Bulgarischer Salat, Scholle gebacken oder gebackener Emmentaler. Max nimmt die Bestellungen entgegen, eine halbe Stunde später werden die dampfenden Speisen in den Salon Uhudla transportiert und an „Geber & Nehmer“ serviert.

Elisabeth Altmann und Dieter Zach sind von der Philosophie, die hinter dem Solidaritätsessen steckt, begeistert. Menschen, die Zeitungen wie UHUDLA oder AUGUSTIN kaufen, sind das „natürliche“ Zielpublikum für solche Umverteilungs-Events, meint Elisabeth. „Eigentlich müssten Tausende auf diese Idee ansprechen“, glaubt sie freilich bräuchte es dann das entsprechende organisatorische Potential, um der Ökonomie des Schenkens größere Dimensionen zu verleihen.

Dieter Zach ist von der Atmosphäre im Salon so angetan, dass ihm eine Idee kommt: „Mein Chef hat kürzlich eine firmeninterne Wette verloren. Jetzt hat er die Belegschaft zu einem Essen einzuladen. Und ich weiß jetzt, wie er seine Wettschuld am besten begleichen kann. Die Belegschaft, Chef inklusive, speist im Salon Uhudla. Und auf jeden Mitarbeiter kommt ein Obdachloser, dem der Chef auf diese Weise das Essen mitfinanziert. Wir bieten unserem Boss einen Abend in guter Gesellschaft.“

Max Wachter freut’s, dass seine Idee Anklang findet. Dennoch mahnt er sich selbst zur Vorsicht: „Wenn ich merke, dass hinter der Bereitschaft, einen Abend mit Obdachlosen zu verbringen, purer Voyeurismus steckt, steig ich auf die Bremse.“ Ein guter Grund zur Zurückhaltung. Die nächste Solidaritäts-Abendmahl-Serie ist für den Herbst angesagt.

teilen: