Sound gegen Ohrschläuche!Artistin

Musikarbeiter unterwegs ... mit First Fatal Kiss und Schweinerockjazzpunk

Die drei Frauen von First Fatal Kiss machen seit 2002 gemeinsam Musik. Jetzt erscheint ihr Debüt-Album.

Die Musikarbeiter Lang und Krispel mögen das Café Weidinger. Nicht erst seit der dort abgehaltenen Fotosession für das demnächst erscheinende Mini-Album «Schmankerl der Schöpfung» ihrer musikalischen Freizeitbeschäftigungen Stimmgewitter Augustin und Seven Sioux, über die es einiges zu erzählen gäbe. Es sitzt und plaudert sich gut im Weidinger.Über ein exquisites Konzert der Fehlfarben an einem ungeliebten Ort etwa. Über die Fluten an neuen Tonträgern, viele tolle hiesige. Die schöne Lonely Drifter Karen, die nachhaltig begeisternden Sofa Surfers, die höchst amüsante neue Kommando Elefant, bei der das Stimmgewitter beim Lied «Highway der Schmerzen» endlich einmal «Hallelujah!» jubiliert. Die neue Konzept-EP von Rewolfinger, den klassen Erwachsenenpop von Lichtenberg, dessen neues Album «Schlaflos» moderne Zeiten! vorerst «nur» als Download veröffentlicht wird was der Musik keinen Abbruch tut. Von auswärts macht mich Bonnie «Prince» Billy niederknien, und The Fall sind in kantigster Höchstform. First Fatal Kiss, eine Band deren drei MusikerInnen wir im Weidinger treffen, haben auch Kanten in ihrer Musik. Eine Unmittelbarkeit, die die 12 Lieder ihres Albums für Menschen, die das mögen, zu einer frühlingstauglichen Glücksmusik machen. «Feminism will rock you» steht auf ihrer Homepage. Eben!

Have Pleasure

Birgit Michlmayr (Drums, Violin, Keyboard, Vocals), Maria Reisinger (Bass, Drums, Vocals) und Renée Winter (Keyboard, Bass, Drums, Vocals) hatten ihren ersten Auftritt beim ersten Frauenbandenfest am 1. 11. 2002. Sie spielten ein Lied, weiters konzertierten Gustav, Sv Damenkraft und Zum Beispiel. Den Bandnamen «der Name sagt eh alles» gab sich das Trio unmittelbar davor. Frauenbanden, Ladyfeste, Zeitungen wie Fiber oder Malmoe sind Kontexte, in denen sich die drei wohl fühlen. Unaufgeregt geben sie zu Protokoll: «Femistische Band auf jeden Fall, generell politische Band, wir werden auch so wahrgenommen, so für Konzerte gebucht.» «Das ist aber nicht unser einziger Kontext», ergänzen sie, erzählen vom EKH und von Punk/Hc. Ihre Musik entsteht gemeinsam in einem kollektiven Prozess. Das ist auf «Danke Gut», das beim Linzer Label Zach Records erscheint und von Chris Janka wunderbar aufgenommen wurde, deutlich zu hören.

Diese Musik und diese MusikerInnen sind beieinander, nicht im wienerischen Sinne von, wodurch auch immer, beeinträchtigt, sondern gemeinsam unterwegs. Wenn eingangs von Kanten zu lesen war, darf die eigene groovende Logik dieser Musik nicht unerwähnt bleiben, ihr eigensinniger Pop-Appeal und ihr Charme. Weil den Frauen von First Fatal Kiss Musik zwar wichtig ist, aber bekanntlich auch gelebt und gearbeitet werden will/muss, spielten sie letztes Jahr weniger/kaum Konzerte um »Danke Gut» so auf Band zu bringen, wie sie sich das vorstellten. Im Probraum wurde intensiv an den Stücken gearbeitet und dann auf den Punkt geprobt. Dabei haben First Fatal Kiss ihren Liedern nicht das Leben ausgeprobt, im Gegenteil.

Beginnend mit dem Opener «Schweinerockjazzpunkmusik» (»rock, lets fuck the rock») bewegt sich diese Musik frei und doch zielstrebig und bewegt dadurch. Die Texte sind eine Klasse und Ebene für sich. «Wir verzählen kane Gschichten», sagen sie. Sie haben keine Scheu vor »plakativen Texten», gleichzeitig sind diese vielsagend, und in den oft wenigen Zeilen und Worten liegt eine Menge drinnen. Etwa in »Ohrschläuche» (Act, dont react! Parole Parole Parole»). Nicht zuletzt haben First Fatal Kiss einen feinen Humor, der nicht nur »Schlendrian» («when Schlendrian entered our flat. Oh! Schlendrian became our pet») höchst vergnüglich zu hören macht. Das lässige «Lotte» endet mit: «Und wieder wird es nichts mit Harmonie. Nie.» Drei Coverversionen fügen sich hervorragend zum eigenen Material der Band. Die Nuts, F.S.K. (mit einer 80er-Hymne: «Und wir sagen ja zur modernen Welt!») und Snakkerdu Densk mit »Weinstein Cries» (Robert Weinstein war einer von ca. 400 im Zuge der antisemitischen Novemberprogrome 1938 in Deutschland und Österreich ermordeten Jüdinnen und Juden) erfahren nachhaltige First-Fatal-Kiss-Treatments. Gesungen wird mal in Englisch, mal in Deutsch, russische und italienische Satzfetzen («Lotte Continua») sind auszumachen. Diese Band bewegt sich unprätentiös über zu eng Gedachtes hinweg. In einem nicht am Album enthaltenen Song heißt es: «I dont have to make a choice. I like girls and I like boys. I want to take you to a gay bar. There are no boys. There are no girls. I don’t have to make no choice.» Auch wenn die Frauen von First Fatal Kiss am von Dana Krusche gezeichneten Cover ein wenig »angseidelt» (O-Ton FFK) dargestellt sind lassen sie sich ruhig und vorbehaltslos auf diesen Kuss ein, es nicht zu tun wäre fatal!

First Fatal Kiss: Danke Gut (Zach Records)

Live: 22. 4. Rhiz, Album-Präsentation

www.firstfatalkiss.net