eingSCHENKt
«Das Soziale ist doch wirtschaftlich irrelevant, da wird nur Geld verschenkt.» So oder auch anders tönt es gerne. Das ist aber falsch. Das Soziale ist Motor für Beschäftigung und Konjunktur in Europa. Die Beschäftigung im Gesundheits- und Sozialbereich ist in den letzten Jahren stärker gewachsen als in anderen Bereichen der Wirtschaft. Die Zahl der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialsektor stieg in den letzten 10 Jahren um 4,2 Millionen Menschen. Das ist ein Viertel des gesamten Beschäftigungszuwachses in Europa. Dieser Sektor trägt etwa 5 Prozent zur gesamten wirtschaftlichen Leistung in Europa bei.
Soziale Investitionen zahlen sich aus. Die Potenziale für uns alle bei Pflege, Kinderbetreuung, Bildung und sozialen Hilfen werden übersehen oder bewusst ignoriert. Österreich liegt mit seinen Sozialdienstleistungen unter dem EU-Durchschnitt.
Das Soziale ist eine Produktivkraft. Die Hilfen für die Pflege der Oma, die Assistenz für Menschen mit Behinderungen und die Betreuung des kleinen Sprösslings sorgen für Wachstum, stabilisieren die Wirtschaft und stiften sozialen Ausgleich. Sie haben Wachstumsfunktion bei Beschäftigung. Sie haben stabilisierende Funktion, weil sie Teilhabe sichern und Nachfrage über den Konjunkturzyklus bereitstellen. Und sie erfüllen die Funktion des sozialen Ausgleichs. Besonders die Dienstleistungen in Pflege, Kinderbetreuung und Bildung reduzieren das Armutsrisiko und verteilen zu den Schwächeren um.
Allein die Wiener Kindergärten steigern die volkswirtschaftliche Produktion um 520 Millionen Euro. Betrachtet man den gesamten Non-Profit-Sektor, ergibt das eine beachtliche Leistungskraft. Dieser trägt vier Milliarden Euro zur Wertschöpfung bei. Nicht zuletzt wird dieses Geld gut eingesetzt, denn jeder verdiente Euro wird von Non-Profit-Organisationen wieder dazu verwendet, neue Initiativen für Menschen auszubauen. Investiert man eine Million Euro in Kindergärten, schafft man 14 bis 15 Vollzeitarbeitsplätze. Dieser Multiplikatoreffekt kann sich sehen lassen: Die Stromwirtschaft weist ein Beschäftigungsvielfaches von 13 auf, der Bausektor von 11, Tourismus 19.
Soziale Dienste sind auch deshalb konjunkturell interessant, weil sie regional und in strukturschwachen Regionen Jobs schaffen. Sie stützen die Kaufkraft und heben die Haushaltseinkommen. Auch wenn hier noch viel zu tun ist, was Bezahlung und Attraktivität der Jobs angeht. Insgesamt entstehen bei Kinderbetreuung wie bei der Pflege Win-Win-Situationen zwischen Familieneinkommen, Arbeitsplätzen, Frühförderung von Kindern und Entlastung Angehöriger. Soziale Dienstleistungen sind keine Kosten, bei denen gespart werden kann, sondern Investitionen, die sich auf lange Sicht durch bessere Gesundheit und gutes Zusammenleben in der Gesellschaft lohnen. Wenn durch kurzsichtige Kürzungspolitik soziale Chancen geraubt werden, sind langfristige negative Folgen für die europäischen Staaten sicher. Die Kosten sozialer Ausgrenzung und die Verschlechterung des sozialen Zusammenhalts müssten bei Wirtschafts- und steuerpolitischen Entscheidungen immer berücksichtigt werden. Müssten.