Augustin-Testimonial Adele Neuhauser
Die wandelbare Schauspielerin mit der tiefen Stimme – so kennen wir Adele Neuhauser. Die Stimme hört man auf den Fotos, die Gerhard Schmolke für die Augustin-Kampagne geknipst hat, zwar nicht, aber Ruth Weismann hat zugehört und mitgeschrieben.
«Der letzte Tatort war toll!», sagt der Kellner zur Begrüßung, als wir das Café betreten. Immerhin kommt nicht irgendwer zur Tür herein, sondern Kommissarin Bibi Fellner. Die lächelt ihr breites, charmantes Lächeln und bedankt sich. Adele Neuhauser kennt man eben – vom Tatort, von Vier Frauen und ein Todesfall und von vielen weiteren TV-Produktionen. Und Adele Neuhauser kennt den Augustin, denn der gehört einfach zu Wien, wie sie sagt. Bei der Augustin-Kampagne mitzumachen, war für sie schnell entschieden. «Es ist einfach», sagt sie, «denn wenn man helfen kann, dann tut man das. Den Augustin mag ich sowieso, weil es ein Aufmerksam-machen ist auf eine Situation und das gleichzeitig in einem würdigen Rahmen für die Menschen, die ihn verkaufen.»
Spätestens seit 2005 sieht sie die Zeitung auf den Straßen der Hauptstadt, sagt sie, denn aus Wien ist sie sehr jung nach Deutschland weggegangen. «Dort war ich die Österreicherin, vorher in Wien war ich, für mein Gefühl, immer die Griechin, die nicht in Griechenland bleiben durfte, weil ihre Eltern, beziehungsweise die Mutter, so Sehnsucht nach Wien hatten.» Als Kind wohnte sie in Favoriten und hat, wie sie sagt «die Kälte und die beschwerliche Situation vieler Menschen damals auf die Stadt projiziert». Erst, als sie zurückkam, wurde ihr klar, dass es ihre persönliche Situation war, die sie so fühlen hatte lassen. Weg aus der Heimat Athen, wo sie geboren wurde, weg von Sonne und Meer – die Eltern dann auch geschieden. Sie entschied sich, beim Vater zu bleiben. «Ungewöhnlich war das. Auch für die Fürsorge, die uns damals oft aufgesucht hat, war es verwirrend, dass ich beim Vater blieb.»
Dass sie Schauspielerin werden wollte, wusste sie schon mit sechs Jahren. Die Großmutter stellte Kasperltheaterpuppen her und sagte zu klein Adele: «Spiel doch für die anderen Kinder!» Gesagt, getan. «Ich habe gemerkt, dass es meiner Seele guttut, in andere Charaktere hineinzuschlüpfen, und dass ich über das Beobachten anderer viel über die Menschen und viel über mich lernen kann.» Die Bibi Fellner im Tatort findet sie deshalb besonders interessant, weil sie so realistisch ist. Auch die Chuzpe und die Frechheit der Julie Zirbner, die sie in der Serie Vier Frauen und ein Todesfall (Erstausstrahlung 2005) spielte, liebt sie sehr. «Ich würde mir wünschen, dass es in diese Richtung weitergeht, es gibt so viele interessante, wunderbare Frauen. Wenn ich mir denke, wie viele emanzipatorische Ansätze notwendig waren, um uns so zu etablieren und frei zu machen und nun aber wieder oder immer noch so viel Schieflage da ist, ist es um so notwendiger, dass wir solche Frauen am Bildschirm und auf der Bühne sehen.» Die Rolle der Julie Zirbner war eigentlich für eine 70-Jährige konzipiert, erzählt Neuhauser. «Und da sind sie dann auf mich gekommen», sagt sie und lacht ihr ansteckendes Lachen.
Abgesehen vom Schauspielen hat sie das Schreiben entdeckt, was zur Autobiografie Ich war mein größter Feind geführt hat, die 2017 erschien. Der Erfolg des Buches hat sie überwältigt. «Für mich war der Erfolg, dass ich das überhaupt hingekriegt habe, aber dass das dann so losgeht, damit habe ich nicht gerechnet. Das kostet Kraft, aber was zurückkommt, ist sehr schön. Es kommen so viele Menschen zu mir und sagen: Ich kenne das, mir geht es ähnlich.» Es sei wichtig zu wissen, dass man nicht alleine sei, das gelte für alle, findet Neuhauser. «Wir halten so viel zurück, wir haben vor so viel Angst. Das ist schade». Weiterzuschreiben kann sie sich gut vorstellen. Und auch weiterhin auf der Bühne stehen – derzeit sogar mit ihrem Sohn. Der ist Gitarrist und macht mit Edi Nulz, so der Name der Band, «Kammer-Punk-Jazz». Adele Neuhauser interpretiert dazu Texte des britischen Kultautors Douglas Adams – etwa am 17. Februar im Muth im Augarten – wo es um dessen Tierreportagen geht.
Hintergrund der Kampagne
Wir möchten daran erinnern, wie wichtig es ist, den AUGUSTIN zu kaufen, und warum unsere Straßenzeitung nicht gratis ist.
Der AUGUSTIN ist ein UNABHÄNGIGES Sozial- und Medienprojekt:
➤ ZUM EINEN bieten wir Menschen, die aus verschiedenen Gründen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, die Möglichkeit, durch den Verkauf der Zeitung (1,25 Euro bleiben dem_der Verkäufer_in) ihre Not zu lindern, und einen sozialen Kontext, in dem die rund 450 Verkäufer_innen persönliche Unterstützung in Anspruch nehmen können, siehe Chor, Fußball, Theater, Tischtennis, Rechtsberatung, D-Kurse, Amtswege, Schuldenregelungen u.v.m.
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Wir erhalten keinerlei Subventionen und auch keine Presseförderung.
Das ist doch 2,50 Euro wert, oder?