Spielen und Reden über die VerhältnisseArtistin

Theaterfestival «Europa in Szene»

Schon beim Festival Bloody Crown, das Regisseurin Anna Maria Krassnigg in den letzten beiden Jahren leitete, interessierte sie sich für das, was wir aus der europäischen Theater­tradition über Macht, ­Politik, Krieg und Verantwortung lernen können. Passend dazu der Veranstaltungsort: eine mittelalterliche Wehranlage, die Kasematten in Wiener Neustadt. Heuer wartet Krassnigg dort mit ­Europa in Szene – Theaterfestival der wort­wiege auf. ­Unter dem Motto «Denk Macht Neu» erforscht es, «wie Strukturen von Krieg, Demokratie, Autokratie und ­tradierte Bilder von Männlichkeit und Herrschertum ins Private dringen», so der Begleittext. Neben ­Inszenierungen zweier junger Regisseur:innen von Shakespears ­Coriolanus (Azelia Opak) und Strindbergs Totentanz (Uwe Reichwaldt) gibt es die Gesprächsformate «Salon ­Europa 2022», und «Reden! Eine ­Theaterserie erlesener Rhetorik». Bei «Reden!» performen Schauspieler:innen an fünf Abenden historische und zeitgenössische Reden bedeutender Persönlichkeiten von Cicero über Bertha von ­Suttner bis Beatrice Fihn und ­Wolodymyr ­Selenskyi. Anschließend analysieren Anna Maria Krassnigg und ihre ­Gäste die Reden und deren aktuelle Relevanz. Das Publikum diskutiert mit. «Politisches Theater als Aufforderung zum Weiterdenken», wie es in der Beschreibung heißt, und eine interessante Bildungsveranstaltung, die große Reden aus Politik und Gesellschaft auch als große Inszenierung zeigt. Ob der Überschuss an (weißen) männlichen Diskussionsgästen Teil der Entlarvung des Patriarchats oder eher Reproduktion von Machtgefälle ist, wird zu sehen sein.

Europa in Szene – Theaterfestival der wortwiege
14. Sept. – 16. Okt.
Kasematten, Bahngasse 27, Wiener Neustadt
Tickets für «Reden!»: 29 bis 35 Euro
www.europainszene.at

Foto: Julia Kampichler