AUGUSTIN-Mitarbeiter Anton Tantner präsentiert seine Anthologie
Obwohl im Vorwort der Anthologie Von Straßenlaternen und Wanderdünen dem AUGUSTIN gehuldigt wird, erlauben wir uns, auf eine Flunkerei, die im Untertitel Miniaturen aus dem abseitigen Wien steckt, hinzuweisen: Rund ein Viertel der insgesamt 40 Beiträge betreffen nämlich nicht Wien. Anton Tantner macht Abstecher ins tschechische Třebíč oder gar ins ferngelegene Innsbruck. Und selbst an stürmischen Tagen werden es die im Untertitel angeführten Wanderdünen nicht bis herein in die Bundeshauptstadt schaffen. Diese wohl dem Verlag anzulastende Oberflächlichkeit hätte der Autor nicht durchgehen lassen dürfen, schließlich ist er habilitierter Historiker und Privatdozent. Und ein Spurensucher im Abseitigen, der verlässlich Themen birgt, die zwar auf den ersten Blick nur an ein Minderheitenpublikum gerichtet zu sein scheinen, doch bei näherer Betrachtung einen Mehrwert für die breite Gesellschaft erkennen lassen. Etwa seine Beschäftigung mit der langen Tradition der 1985 beschlossenen Wiener Kampierverordnung oder mit dem «Zyffer-Secretariat» in der Wiener Stallburg, um hier nur zwei von vielen möglichen Beispielen zu nennen. Tantner führt unter die Oberfläche, oft zu einem Eisberg, der sich auftut und dessen Kälte bis herauf in die Gegenwart zu spüren ist. So richtet sich die Kampierverordnung weniger gegen im Stadtgebiet abgestellte Wohnmobile als vielmehr gegen Obdachlose. Oder mit dem «Zyffer-Secretariat» und seinen Agenden gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ein schlechtes Vorbild für die Aufweichung des Briefgeheimnisses im Rahmen des Überwachungspaketes von 2018.
Wer über solche «Miniaturen» Michel Foucault schweben sieht, hat den richtigen panoptischen Blick aufgesetzt. Trotzdem kann Entwarnung gegeben werden, denn der Historiker befasst sich auch mit unverdächtigen Themen wie dem Trockenrasenmuseum in Lassee und kann leichtfüßig fürs Feuilleton schreiben, sonst wären nicht zahlreiche in dieser Anthologie versammelten Zeitungsartikel im AUGUSTIN erstveröffentlicht worden.
Anton Tantner:
Von Straßenlaternen und Wanderdünen
Mandelbaum 2020, 160 Seiten
19 Euro
Buchpräsentation:
18. März, 18.30 Uhr
MUSA, 1., Felderstraße 6-8
Anmeldung erforderlich –
Eintritt frei
www.wienmuseum.at