Stadtbäume haben es schwer, aber wir brauchen sietun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

Klimazone

Stadtbäume werden nicht alt, oft nur um die achtzig ­Jahre. Im Gegensatz zum Wald sind sie in der Stadt vielfältigen negativen Einflüssen ausgesetzt. Sie müssen Hitze aushalten, die Abgase der Autos und andere Schadstoffe, aber auch ­direkte Verkehrsschäden oder Verletzungen durch Bauarbeiten. Auch Krankheiten und Schädlinge können den geschwächten Zustand der Bäume oft ausnutzen.
Städte sind also ein hartes Pflaster für Bäume und die Klimakrise mit den langen Dürreperioden verschlimmert das Problem noch weiter. Dabei ­wären sie gleichzeitig auch die Lösung vieler Probleme. Im Schatten von Bäumen ist es im Schnitt um fünf Grad kühler als im Schatten von Häusern. Das ist auf die Verdunstung zurückzuführen. ­Bäume schwitzen, ähnlich wie wir, und durch die Transpiration kühlen sie die Luft um sich herum zusätzlich zu dem Schatten, den sie bieten.
Gleichzeitig halten sie die Luft sauberer und können für mehr Wasserrückhalt sorgen. Wie man an Starkregentagen in der Stadt sieht, kann das Wasser auf den zubetonierten Straßen kaum abfließen. Doch je mehr Grünflächen es gibt, desto mehr Wasser kann wieder im Boden versickern. Viele Grünflächen und Bäume heben die Aufenthaltsqualität und das psychische Wohlbefinden in der Stadt, und sie sind eine zutiefst soziale Maßnahme, wie wir in den ­Corona-Lockdowns gesehen haben. Viele Menschen können sich einen eigenen Garten oder eine Terrasse nicht leisten. Sie sind auf öffentliche Erholungsflächen und schattige Plätzchen in Hitzesommern angewiesen.
Dennoch wurde lange verabsäumt, Bäume bei der Stadtentwicklung gleich mitzudenken. Bestes Beispiel ist wohl die Seestadt, in der nun viele der Bäume mit extrem großem Kostenaufwand erst nach dem Bau gepflanzt wurden. Aber auch bei Straßensanierungen bleiben Grünflächen immer wieder auf der Strecke. Beim Umbau vom Praterstern etwa kamen zwar Bäume dazu, viel weiter ging die Begrünung aber nicht. Die Anzahl der ­Fahrspuren blieb gleich und viele Aktivist:innen fürchten den Verbau der Venediger Au gegenüber.
Es gibt auch positive Beispiele in der Innenstadt, wo einige Straßenzüge stark umgebaut werden, aber von einem wirklichen Umdenken in Wien kann wohl nicht die Rede sein. In Paris etwa gibt es den Plan, 170.000 neue Bäume bis 2026 zu pflanzen. Dafür wird auch zusätzlicher öffentlicher Raum geschaffen – oft auf Kosten der Parkplätze. Zwar hat Wien auch das Ziel, 25.000 neue Bäume in den kommenden drei Jahren zu setzen, doch bisher scheint ein großes Bekenntnis zu einer neuen Art der Stadtplanung zu fehlen.
Was wir bräuchten wären: größere Grünflächen und ­Einzelbäume überall in Wien, gerade an den Hitze-Hotspots; einen Straßen- und Gehsteigbelag, der das Versickern begünstigt und Regenwasser verstärkt zu den Bäumen leitet. Wir brauchen mehr Sitzflächen zum Verweilen, breitere Gehsteige und getrennte Radwege für einen Anreiz, auf das Auto zu verzichten. Denn genau darum geht es, wenn wir auch den Abgasen, der Hitze und den Verkehrsschäden entgegen­wirken wollen.

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