Station XDichter Innenteil

Fräulein, können Sie mir behilflich sein, ich muss einmal. Soll ich die Schwester rufen? Wenn das möglich wäre? Ich weiß ja nicht, muss alles lernen. Sind alle so hilfreich hier. Danke Fräulein. Bin ein altes Möbel. Man muss dankbar sein, wenn einem geholfen wird.

Was soll man machen. Den roten Knopf müssen Sie drücken und hineinsprechen. Es funktioniert wie ein Telefon. Sie müssen hineinsprechen. Wo? Warten Sie, ich drück für Sie. Danke, Sie sind so hilfreich. Man muss dankbar sein, dass einem geholfen wird. Bin ein altes Möbel. Groß oder klein, Frau G. ? Ich glaube klein. Dafür haben Sie den Katheter, das Sackerl hängt an der Bettstange. Danke Schwester, Sie sind so hilfreich. Muss alles erst lernen. Bin ein altes Möbel. Mein Mann ist Techniker, der kümmert sich um alles. Wir haben drei Kinder. Alles gut gelaufen. Was will man mehr, über achzig. Da kann man nichts machen. Schwester, ich glaub, ich muss. Groß oder klein? Ich weiß nicht, vielleicht. Aufstehen, halten Sie sich an, drehen, langsam, setzen. Wo? Auf den Stuhl. Ich kenn mich ja nicht aus, bin erst kurz da, das erste Mal im Spital. Bin über achzig. Ein altes Möbel. Sie haben sich ein Bein gebrochen, Frau G. Was soll man machen. Man muss froh sein, wenn einem geholfen wird.

Hören Sie den Lärm, Frau G.? Die schreit wieder am Gang. Die ganze Nacht hat sie geschrien. Hilfe, hilfe. Und die im Bett hinter ihr: gemma fuat, gemma fuat, gemma fuat. Die haben sich gegenseitig angefeuert. Im Duett. Hab nicht geschlafen. Das ist nicht auszuhalten. G: Was soll man machen, man muss dankbar, sein, dass einem geholfen wird. Komm aus dem Mühlviertel, hab die Wirtschaft nicht nehmen wollen. Nein hab ich gesagt, nie und nimmer. Mein Mann ist Techniker, ich habe drei Kinder. Was will man mehr. Bin über achzig. Ein altes Möbel. Frau G, jetzt war ich am Gang, gemma fuat, gemma fuat, gemma aussi tanzen hab ich gesagt und bin im Nachthemd herumgehüpft, wie in der Jugend. Das hat ihr gefehlt. Ihre Augen haben geleuchtet, der Mund hat sich geöffnet zu einem großen Loch, fuat, fuat, fuat! Und die neben ihr hat gerufen, hilfe, hilfe, und hat sich aufgerichtet. Und hat meine Hand nicht ausgelassen. Ganz ruhig, hab ich gesagt, ist ja gut. Was soll man machen. Ich hab einen Mann und drei Kinder. Alles gut gelaufen. Man muss froh sein, dass einem geholfen wird. Fräulein, Ich glaub, ich muss einmal. Soll ich die Schwester rufen?

Schwester, Frau E. ist kalt. Sie braucht eine zweite Decke. Auch mir ist kalt, wenn man nur liegen kann. Zwei Decken habe ich für Frau G. und mich organisieren können. Wir haben keine mehr. Aufstehen Frau G., drehen, halten Sie sich an, setzen Sie sich, langsam. Danke Schwester, Sie sind so aufmerksam. Dann holen Sie etwas anderes, die alte Dame ist frisch operiert. Hier hat es zwanzig Grad, das genügt. Frau E. wird schon sagen, wenn sie etwas braucht. Frau E. ist fünfundneunzig, sie bekommt nichts mit. Die Decken sind dünn, man braucht zwei. Mischen Sie sich nicht ein. Frau E. isst ihr Brot nicht, wenn Sie es nur hinstellen. Man muss sie füttern. Ich hab das heute gemacht, da hat sie alles gegessen. Frau E. ist depressiv, die wird schon essen. Das werd ich ihrem Sohn erzählen. Entschuldigung Schwester, ich muss doch nur klein. Für klein haben Sie den Katheter. Das rinnt automatisch. Danke, Sie sind so hilfreich. Muss alles erst lernen hier. Was sagen Sie dazu, Frau G., ich soll mich nicht einmischen. Weil ich den roten Knopf gedrückt hab für Sie und hineingesprochen.

Soll ich das Fenster öffnen? Ich weiß nicht, vielleicht. Schauen Sie, Frau E. betet mit gekreuzten Händen. Jetzt hält sie mit zuckenden Armen die dreieckige Stütze über dem Bett fest. Wie ein elektrisches Feld geht es durch ihre Glieder. Hören Sie das Klappern? Als ob sie die Stange niemals auslassen könnte. Was soll man machen. Habe einen Mann und drei Kinder. Was will man mehr. Wenn man so alt ist. Über achzig. Ein altes Möbel. Soll ich das Fenster offen lassen? Ganz wie sie wollen. Angenehm die frische Luft. Hilfe, hilfe, hilfe. So laut war es noch nie. Ich schau einmal. Der schreit serbokroatisch und deutsch. Hause. Hause. Ununterbrochen, lauter und noch lauter. Sein nackter breiter Oberkörper schüttelt sich, die Hände zittern, sie müssen ihn halten. Hilfe hilfe, hause, hause. Nun führen Sie ihn weg im Rollstuhl, hören Sie? Sind alle so hilfreich hier. Was soll man machen. Bin über achzig. Man muss dankbar sein, wenn einem geholfen wird.

Frau G, ein Neue liegt am Gang. Sie hat geschrien und wollte über das Gitter aus dem Bett steigen. Wohin, hab ich gesagt. In die Waschküche. Hilfe. Ich will heraus aus der Waschküche. Muss fort. Sie hat ein kleines Gesicht mit vielen Falten und Strähnen, die abstehen vom Kopf. Wir sind im Spital, hab ich gesagt, wie ich dasteh im halboffenen Nachthemd und den Socken. An ihrem Hals klebt ein weißer Mullverband und ein Schlauch schaut heraus. Der nackte Körper mit braunem Desinfektionsmittel überzogen. An der Seite der Hüfte ein großes weißes Pflaster mit einem Schlauch. Machen Sie auf. Ich muss in die Waschküche. Hilfe, hilfe. Ihr Schenkel klemmt sich an die Bettstange. Was soll man machen. Man muss dankbar sein, dass einem geholfen wird. Sind alle so hilfreich hier. Frau G., da sitzt eine am Gang im Rollstuhl und Blut fließt über Schenkel und nackte Stellen des Körpers. Zwei Schwestern wischen an ihrem Körper herum und sehen mich abweisend an, weil ich hinschaue. Hat sie sich selbst verletzt oder die Nadel herausgezogen? Bin über achzig. Ein altes Möbel. Mein Mann ist Techniker, der ist mein Gehirn.