Statt Demokratie und Frieden nur WaffenDichter Innenteil

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (96)

Hüseyin ist in dieser Nacht sehr unruhig gewesen. Er konnte nicht durchschlafen. In der Früh macht er sich einen Kaffee. In seiner Zigarettenpackung sind nur noch zwei Zigaretten.

Grafik: Carla Müller

Eine raucht er, bevor der Kaffee fertig ist, die andere mit dem Kaffee. Nach der Dusche beim Kaffee schaut er sich online die Nachrichten an. Als Erstes schaut er sich die türkischen Medien an. Alle berichten über den Einmarsch des türkischen Militärs in das kurdische Gebiet im syrischen Teil Kurdistans. Diese militärische Operation hat den Namen «Olivenzweig». So eine Ironie! Kein einziger kritischer Bericht. Alle freuen sich, dass das türkische Militär in Syrien einmarschiert ist. Russland öffnete den Türken den Luftraum. Und die begannen bald darauf zu bombardieren. Hüseyin verfolgt seit Langem die türkischen Medien. Es gibt schon lang keine Journalist_innen mehr, die sich frei und unabhängig äußern können und dürfen. Alle oppositionellen Großparteien der Türkei stehen hinter Präsident Erdoğan. Sogar der Obmann der zweitstärksten Partei, der selber ein Kurde ist, unterstützt bei diesem Einmarsch die Linie Erdoğans. Journalist_innen, die über Twitter gegen diesen Einmarsch sind, werden festgenommen. Hüseyin liest immer wieder Kommentare in diversen Medien, die in der Türkei erscheinen. Der Tenor all dieser Menschen ist, sie sind nicht gegen Kurd_innen, sondern gegen die PYD, also die Schwesterpartei der PKK. Als diese von der Türkei als «terroristische Partei» bezeichnete PYD gegen den IS kämpfte, war sie für die Nato und andere Länder die einzige Partnerin. Man lieferte Waffen, damit sie für den Westen den Stellvertreterkrieg führten. Nachdem der IS von der PYD besiegt wurde, dachte man, dass man der eigenen Autonomie einen Schritt näher sei. Eben bis zum Einmarsch der Türkei. Die Erde ist dort verbrannt. Auch durch die Waffen, die vom Westen hingeschickt werden. Von England und Frankreich hört man genauso wenig Stellungnahmen. Das sind jene Länder, die Kurdistan nach dem ersten Weltkrieg in vier Teile aufgeteilt haben. Seitdem geht es den Kurd_innen politisch und wirtschaftlich nicht gut im Nahen Osten. In allen Teilen Kurdistans herrschen Diktatoren. Das Selbstbestimmungsrecht der Kurden wird in all diesen Ländern ignoriert. In der Türkei bezeichnete man sie bis vor zehn Jahren als «Bergtürken». Und es gab offiziell keine kurdische Sprache. In Syrien bekamen Kurden keine Ausweise. Im Iran werden sie öffentlich hingerichtet. Irak: Auch das Saddam-Regime war berühmt für seine Giftgas-Einsätze gegen die kurdische Bevölkerung. Interessanterweise werden die deutschen «Leopard-Panzer», die die Türkei von den Deutschen gekauft hat, in den syrischen Teil Kurdistans geschickt. Statt Demokratie und Frieden bekommt diese Region nur Waffen. Wenn Flüchtlinge nach Europa wollen, werden sie auch gehasst. Hüseyin meint, der dritte Weltkrieg hätte bereits begonnen. Aber medial wird das so verpackt, dass man das Gefühl hat, als wäre es nur ein Film, wie in Hollywood. Studios gemacht. Seit der neuen Regierung in Österreich werden täglich Asylsuchende in Nacht-und-Nebel-Aktionen in Haft genommen und, ohne die Gerichtsverfahren abzuwarten, abgeschoben.

Das Leben wird in Wien immer teurer. Hüseyin beobachtet in der Trafik immer mehr ältere Menschen mit Lotto-Toto-Scheinen in der Hand.

PYD ist das kurdische Volk in Syrien.

Ihr Hüseyin