Stellenabbau auf Schwedischtun & lassen

IKEA bereitet einen massiven Stellenabbau vor. Wie viele der 7500 weltweit zu streichenden Jobs österreichische Standorte betreffen werden, ist derweil noch unklar. Ebenso, ob und wie sich die Belegschaften dagegen wehren wollen. Von Leo Kühberger

Als Ende November durchgesickert ist, dass IKEA weltweit 7.500 Stellen streichen will, war die Verunsicherung unter den 160.000 Beschäftigen groß. Das Unternehmen befindet sich seit Jahren auf Expansionskurs und konnte sowohl Umsatz als auch Gewinn regelmäßig steigern. Daher herrscht vielerorts Unverständnis, warum nun beinahe fünf Prozent der Stellen gestrichen werden sollen. Bei eilig einberufenen Informationsveranstaltungen bemühte sich das Management den Beschäftigten die sogenannte «Business Transformation» näherzubringen. Dabei war der Stellenabbau aber nur ein Randthema, und es wurde vor allem über die Herausforderungen, vor denen das Unternehmen, besonders angesichts des immer wichtiger werdenden Online-Handels, stehen würde, gesprochen. Diese Herausforderungen würden eben Umstrukturierungen notwendig machen. Vom Stellenabbau, so wurde beteuert, wäre aber nur die «Verwaltung» in den globalen und nationalen Konzernzentralen, beispielsweise also im schwedischen Hubhult oder eben in Vösendorf, betroffen. Außerdem wurde die Geschäftsleitung nicht müde zu betonen, dass im selben Zeitraum 11.500 neue Stellen geschaffen würden. IKEA also in Zukunft nicht 7.500 Menschen weniger, sondern 4.000 mehr beschäftigen wird.

«Blue Collar» versus «White Collar».

Vor allem bei dieser Rechnung fühlten sich viele Mitarbeiter_innen gefrotzelt, denn der schwedische Möbelriese befindet sich auf einem steten Expansionskurs, der nach der Wirtschaftskrise von 2008 noch einmal Fahrt aufgenommen hat; er eröffnet insbesondere in Asien laufend neue Einrichtungshäuser und Einkaufszentren. Für die Kollegen und Kolleginnen in den bestehenden Einrichtungshäusern ist es also nur ein schwacher Trost, wenn an den neuen Standorten zwar Jobs geschaffen werden, im Gegenzug aber bei den alten Belegschaften rationalisiert wird. Mit der Ankündigung, dass nur die jeweiligen Zentralen betroffen wären, versucht das Management, das alte Spiel der Spaltung zu spielen: «Blue Collar» versus «White Collar». Die Angestellten in den Büros sollen gegen die Arbeiter_innen im Lager und im Verkauf ausgespielt werden. Aber schon jetzt ist der Arbeitsdruck in allen Bereichen immens. Viele kommen kaum mehr mit und verlassen nach kurzer Zeit mehr oder weniger freiwillig das Unternehmen. Die hohe Fluktuation wirkt sich nicht nur negativ auf den Zusammenhalt unter den Kolleg_innen aus, sondern scheint auch die Abläufe im Betrieb zu gefährden. Das dürfte wohl ausschlaggebend dafür gewesen sein, warum letztes Frühjahr die Einstiegsgehälter völlig überraschend angehoben wurden und nun um mehr als zehn Prozent über dem Handelskollektivvertrag liegen.

Zugleich zeigt diese Gehaltssteigerung, wie profitabel Handelsbetriebe trotz des dauernden Wehklagens eigentlich sind. Im Besonderen trifft das auf IKEA zu. Aktuell betreibt IKEA 355 Einrichtungshäuser in 29 Ländern. Dazu kommen noch 43 Einkaufszentren und eine wachsende Zahl von reinen Logistikstandorten und Abholstationen für online bestellte Waren. Seit 2008 konnte der Umsatz kontinuierlich von 21,5 auf 36,3 Milliarden Euro gesteigert werden. Laut Konzernangaben wurde 2016 ein Gewinn von 4,2 Milliarden, 2017 einer von 2,5 Milliarden Euro erwirtschaftet, wobei der tatsächliche Gewinn angesichts der unübersichtlichen Konzernstruktur schwer zu eruieren ist.

Wie reagieren Betriebsrat und Belegschaft?

Auch wenn Teile der Belegschaft auf die Ankündigungen der Unternehmensleitung vertrauen, zeigen sich viele skeptisch oder gar wütend, weil, wie sie meinen, hinter der «Business Transformation» doch nur der Versuch stehe, ein hochprofitables Unternehmen noch profitabler zu machen. In den letzten Jahren wurden zwar an allen österreichischen Standorten Betriebsräte durchgesetzt, diese verhalten sich aber bisher weitgehend ruhig.

Etwas anders ist die Situation in Deutschland, dem nach wie vor wichtigsten Absatzmarkt mit einem Umsatz von fünf Milliarden Euro. Hier übt der Gesamtbetriebsrat offen Kritik am intransparenten Vorgehen der Konzernleitung und drängt auf eine «Zukunftssicherung» für alle Kolleg_innen: keine betriebsbedingten Kündigungen, kein Outsourcing, Erhaltung der bestehenden Standorte und, wenn nötig, Qualifizierungsmaßnahmen für die Kolleg_innen, die von der Umstrukturierung betroffen sind.

Zusammen?

In Wien hatte zuletzt die für 2021 geplante Neueröffnung einer Filiale am Westbahnhof für Kritik gesorgt. Das Versprechen, mit der Ansiedlung gleich auch ganz Rudolfsheim-Fünfhaus «noch schöner und lebenswerter» zu machen, wurde hierorts eher als Drohung verstanden. Geworben hatte das Unternehmen bei der Gelegenheit übrigens, ganz IKEA, auf Schwedisch. «Hej, 1150» ließ der Möbelbauer großflächig plakatieren. Auf Schwedisch werden auch die (noch) mehr als dreitausend Mitarbeiter_innen in Österreich Tag für Tag am Weg in die Umkleiden begrüßt. Üblicherweise liest man dort das Wort «Tillsammans», einer der zentralen Begriffe der IKEA-Unternehmensideologie. «Tillsammans» bedeutet »Zusammen». Und das muss wiederum nicht zwingend im Sinne der Profitmaximierung verstanden werden.

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