Kärntner Architektur der Nachkriegszeit
Als Hort avantgardistischer Architektur erscheint Kärnten, wie Österreich auch sonst, kaum. Dennoch birgt es einige ebenso markante wie interessante Bauten der Moderne. Lukas Vejnik, Architektur-Publizist und Lehrbeauftragter der Alpe-Adria-Uni Klagenfurt, beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Nachkriegsmoderne im Bauwesen Österreichs und ist der Herausgeber und einer der Autor_innen des Bandes Land der Moderne. Architektur in Kärnten 1945–1979. Viele Büro- und Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser, Zweckbauten, Bildungseinrichtungen, Freizeitanlagen, Hotels und Kirchen wurden nach dem Ende des 2. Weltkrieges bewusst in neuem Stil geplant und erbaut. Es galt nicht nur die durch Kriegsschäden entstandene Lücken aufzufüllen, sondern dringend benötigten Wohnraum in zeitgemäßem Standard zu schaffen sowie u. a. politische Vorgaben wie etwa die Bildungsoffensive der 1960er- und 1970er-Jahre umzusetzen, was sich in der Errichtung innovativer Schulgebäude manifestierte.
Die vielbeschworene «Stunde null» im Jahr ‘45 gab es auch im Bereich Architektur nicht, wie die Kulturwissenschaftlerin Simone Egger in ihrem Beitrag erläutert. Einerseits konnte an moderne Strömungen vor allem der 1920er- und 1930er-Jahre angeknüpft werden, andererseits hatten heimische Architekt_innen wieder Kontakt zur internationalen Szene. Und nicht zuletzt gab es eine gewisse personelle Kontinuität – vor und nach dem Ende der NS-Herrschaft. Egger und Vejnik skizzieren soziale, politische, gesellschaftliche Umfelder des Bauwesens der rund fünf Jahrzehnte, um die es in dem reich bebilderten Buch geht. Auf eine repräsentative Auswahl von Gebäuden, z. B. die Sternhochhäuser in Klagenfurt, die Ankogel Seilbahn, das Schulzentrum Spittal oder die Evangelische Kirche Völkermarkt wird detailliert eingegangen. Aktuelle Fotos (von Gerhard Maurer) und historische Aufnahmen (überwiegend von Hans-Jörg Abuja) veranschaulichen die Thematik hervorragend.
Lukas Vejnik (Hg.): Land der Moderne – Architektur in Kärnten 1945–1979
Ritter Verlag 2020
270 Seiten, 24 Euro