Teilhabe oder Ausgrenzungtun & lassen

Ein neuer Sammelband diskutiert das Leben in der Stadt

Auch wenn es früher hieß «Stadtluft macht frei», bedeutet das nicht unbedingt, dass für alle hier Lebenden die gleichen Rechte gelten. Der Sammelband Stadt für alle diskutiert die Lebensbedingungen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen.Ein großer Teil der Beiträge ist defensiv angelegt. Sie behandeln Racial Profiling, die spezielle Behandlung und Kontrolle von rassistisch bewerteten und auffälligen Personen durch die Polizei, den sozialen Wohnbau der Stadt, der auch nicht das ist, was er sein sollte. Erst seit 2006 werden bei der Wohnungssuche «Ausländer_innen» berücksichtigt, aber auch als nicht normal angesehene Lebensformen wirken als Ausschließungsgrund. Durch das Lernprojekt PROSA lernen wir von der Ausgrenzung durch Sprache, beim Erlernen der Sprache und schließlich die weitere Diskriminierung trotz der Sprachkenntnisse. Weitere Themen sind Sexarbeit und Betteln, die von einer gewissen Sichtbarkeit im öffentlichen Raum abhängig sind und zuletzt die Einschränkung der Freiräume von Kindern und Jugendlichen.

Aufs Erste erscheint als Strategie nur das Aufzeigen der entsprechenden Probleme und Bedingungen. Doch es werden auch Alternativen aufgezeigt. So das Konzept einer Stadtbürger_innenschaft, mit Beispielen aus einigen nordamerikanischen Städten, die die Rechte der Menschen unabhängig von ihrer Nationalität sichern. Und es geht um die Selbst­organisation der Betroffenen. Auch das Problem, dass durch die Rechtlosigkeit die Gefahr der Abhängigkeit besteht, wird angesprochen: Österreicher_innen sprechen für die anderen.

Während es sonst nur um Handlungs(un)möglichkeiten geht, wird in dem Beitrag, in dem der öffentliche Raum für Kinder und Jugendliche verhandelt wird, die Struktur der Gesellschaft in der Stadt und ihre Veränderbarkeit angesprochen, etwa durch die Kommunikation mit Nachbar_innen.

Dieses Buch bietet eine empfehlenswerte Textsammlung zur Situation in Wien und in anderen Städten und macht auf die zunehmenden Einschränkungen im städtischen Raum für Marginalisierte und wirtschaftlich Benachteiligte im weitesten Sinne aufmerksam.

Heidrun Aigner, Sarah Kumnig (Hg):

Stadt für alle! Analysen und Aneignungen

Mandelbaum 2018

260 Seiten, 17 Euro